Am 20. November 2019 hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag die „Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c des Einkommensteuergesetzes (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV)“ zur Zustimmung zugeleitet (Bundestags-Drucksache 19/15312).
Immerhin ist vom Diskussionsentwurf zum Regierungsentwurf eine redaktionelle Peinlichkeit korrigiert worden. Im Diskussionsentwurf heißt es dort im Abschnitt „A. Problem und Ziel“: „§ 35c EStG sieht vor, bestimmte abschließend aufgezählte energetische Einzelmaßnahmen steuerlich zu fördern. Dadurch soll das Ziel der Bundesregierung, die Treibhausgase bis 2030 um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu verringern, unterstützt werden.“
Im Regierungsentwurf wird zwar weiterhin behauptet, dass „die Bundesregierung die Treibhausgase verringern“ will (was ungleich schwerer wäre als das tatsächliche Ziel: die Verringerung der Treibhausgasemissionen) – aber das falsche Ziel „bis 2030 mindestens 40 % gegenüber 1990“ wurde dem Bundestag nicht vorgelegt. Denn der hatte gerade eine Woche vorher mit dem Klimaschutzgesetz beschlossen, dass Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 % verringern muss. Eine Minderung von 40 % gegenüber 1990 bis 2030 ist das EU-Reduktionsziel und [war] das nationale Ziel bis 2020 aller Bundesregierungen seit 2002.
Das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht – zudem der Bundesrat am 29. November 2019 den Vermittlungsausschuss angerufen hat – enthält folgende Regelung: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates die Mindestanforderungen für die energetischen Maßnahmen [nach Absatz 1 Satz 2] sowie die Anforderungen an ein Fachunternehmen [nach Absatz 1 Satz 6] festzulegen.“
§ 1 ESanMV Mindestanforderungen an energetische Einzelmaßnahmen
Berücksichtigt werden bauliche Maßnahmen im Sinne des § 35c Absatz 1 Satz 3 des Gesetzes, die die zu dieser Verordnung jeweils aufgeführten Mindestanforderungen erfüllen. Im Einzelnen:
1. für die Wärmedämmung von Wänden nach der Anlage 1,
2. für die Wärmedämmung von Dachflächen nach der Anlage 2,
3. für die Wärmedämmung von Geschossdecken nach der Anlage 3,
4. für die Erneuerung der Fenster oder Außentüren nach der Anlage 4,
5. für die Erneuerung oder den Einbau einer Lüftungsanlage nach der Anlage 5,
6. für die Erneuerung der Heizungsanlage nach der Anlage 6,
7. für den Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung nach der Anlage 7 sowie
8. für die Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind, nach der Anlage 8.
Für alle baulichen Maßnahmen nach Satz 1 gilt, dass die Aufwendungen für den fachgerechten Einbau bzw. Installation, für die Inbetriebnahme von Anlagen, für notwendige Umfeldmaßnahmen sowie die direkt mit der Maßnahme verbundenen Materialkosten zu berücksichtigen sind. Die Einhaltung der in den Anlagen zu dieser Verordnung jeweils aufgeführten Mindestanforderungen ist durch ein Fachunternehmen nach § 2 zu bestätigen.
§ 2 ESanMV Anforderung an ein Fachunternehmen
(1) Fachunternehmen gemäß § 35c Absatz 1 Satz 6 des Gesetzes ist jedes Unternehmen, das in den nachfolgend aufgeführten Gewerken tätig ist:
1. Mauer- und Betonbauarbeiten,
2. Stukkateurarbeiten,
3. Maler- und Lackierungsarbeiten,
4. Zimmer-, Tischler- und Schreinerarbeiten,
5. Wärme-, Kälte- und Schallisolierungsarbeiten,
6. Steinmetz- und Steinbildhauarbeiten,
7. Brunnenbauarbeiten,
8. Dachdeckerarbeiten,
9. Sanitär- und Klempnerarbeiten,
10. Glasarbeiten,
11. Heizungsbau und -installation,
12. Kälteanlagenbau,
13. Elektrotechnik- und -installation,
14. Metallbau (neu im Regierungsentwurf)
Bei der ausgeführten energetischen Maßnahme muss es sich zudem um eine Maßnahme handeln, die dem Gewerk des Fachunternehmens zugehörig ist.
Neu gegenüber dem Diskussionsentwurf hinzugekommen ist Absatz (2):
Die Voraussetzungen nach § 35c Absatz 1 Satz 6 des Gesetzes erfüllen zudem Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 21 Energieeinsparverordnung, sofern
1. die energetische Maßnahme durch ein Unternehmen ausgeführt wird, das in einem der in Absatz 1 Satz 1 aufgeführten Gewerke tätig ist,
2. die Maßnahme dem Gewerk dieses Unternehmens zugehörig ist und
3. die Person mit Ausstellungsberechtigung nach § 21 Energieeinsparverordnung durch das Unternehmen oder den Steuerpflichtigen mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahme betraut worden ist.
Hintergrund für die Ergänzung ist, dass zwischen dem Diskussions- und dem Regierungsentwurf im vom Bundestag beschlossen Klimaschutzprogramm-Steuergesetz ergänzt wurde: Zu den Aufwendungen für energetische Maßnahmen gehören auch „die Kosten für die Erteilung der Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens sowie die Kosten für die Person mit Ausstellungsberechtigung nach § 21 der Energieeinsparverordnung, wenn diese Person durch den Steuerpflichtigen mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahme […] beauftragt worden ist.“
Technische Mindestanforderungen analog zu bestehenden Förderprogrammen
Die technischen Mindestanforderungen der Maßnahmen Wärmedämmung von Wänden (Anlage 1), Wärmedämmung von Dachflächen (Anlage 2), Wärmedämmung von Geschossdecken (Anlage 3), Erneuerung von Fenster oder Außentüren (Anlage 4), Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage (Anlage 5), Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind (Anlage 8), Anschluss an ein Wärmenetz (Anlage 6.6.) beruhen auf den aktuell geltenden technischen Mindestanforderungen der Einzelmaßnahmen in den KfW-Programmen „Energieeffizient Sanieren – Kredit und Zuschuss“ (Produktnummern 152/430).
Die technischen Mindestanforderungen für den Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung (Anlage 7.) entsprechenden Regelungen der Liste der förderfähigen Maßnahmen der KfW-Programme „Energieeffizient Sanieren – Kredit und Zuschuss“ (Produktnummern 151/152/430). In den bestehenden KfW-Programmen sind diese Maßnahmen bislang nicht alleinstehend förderfähig, sondern können ergänzend zu jedem Förderzweck (Einzelmaßnahme oder Sanierung zum Effizienzhaus) mitgefördert werden. Die technischen Mindestanforderungen für Solarkollektoranlagen (Anlage 6.1.), Biomasse-Anlagen (Anlage 6.2.) und Wärmepumpen (Anlage 6.3.) entsprechen den technischen Mindestanforderungen der Richtlinien zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt vom 11. März 2015.
Gegenüber dem Diskussionsentwurf spiegelt der Regierungsentwurf auch die aktuellen Förderprogramme zu Brennstoffzellen (Anlage 6.6) und Mini-KWK (Blockheizkraftwerke) (Anlage 6.7) wider. Zudem ist der Anschluss an ein Wärmenetz förderfähig (Anlage 6.8).
„Renewable Ready“-Heizungsanlagen nur mit Gas-Brennwert
Die unter Anlage 6.4. aufgelisteten Anforderungen an „Renewable Ready“-Heizungsanlagen auf Basis der Gas-Brennwerttechnik sowie die technischen Anforderungen an Hybridanlagen unter Anlage 6.5. sind in den investiven Gebäudeförderprogrammen des Bundes bislang nicht vorhanden, sollen hier aber spiegelbildlich zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung zum Jahresbeginn 2020 umgesetzt werden.
Um den Fördertatbestand zu erfüllen, sieht 6.4 für „Renewable Ready“-Gasheizungen die Anforderung vor, derartige Anlagen innerhalb von zwei Jahren ab dem Datum der Installation durch Einbau eines zusätzlichen regenerativen Wärmeerzeugers in eine Hybridanlage umzuwandeln („Hybridisierung“). Die Einhaltung der Anforderungen ist durch eine Konzeptbeschreibung (siehe nächster Absatz) zu dokumentieren und der Fördernehmer hat die Umsetzung der Hybridisierung nachzuweisen, so der Verordnungsentwurf.
Um „Renewable Ready“ zu erfüllen, muss neben einem Effizienznachweis (Herstellernachweis analog ErP/Ökodesign-Verordnung) eine hybridfähige Steuerungs- und Regelungstechnik für den künftigen erneuerbaren Anteil des Heizsystems installiert werden. Und es muss ein Konzept für die geplante Auslegung der Maßnahme zur künftigen Nutzung erneuerbarer Energien in dem Heizsystem (Feinplanung) vorgelegt werden. Dabei ist der erneuerbare Mindestanteil für Hybrid-Anlagen zu erfüllen. Und es muss ein Speicher für die künftige Einbindung erneuerbarer Energien, installiert werden. Dessen Auslegung hat gemäß Feinplanung zu erfolgen.
Die steuerliche Förderung eines erneuerten Öl-Heizkessels ist im Verordnungsentwurf nicht vorgesehen, auch nicht als Bestanteil einer Hybrid-Anlage. Denn: „Als Hybrid-Anlagen gelten Wärmerzeuger, die Gas-Brennwerttechnik mit einer oder mehreren Technologie-Komponenten zur thermischen Nutzung erneuerbarer Energien kombinieren.“ Die thermische Leistung des regenerativen Wärmerzeugers einer Hybrid-Anlage muss mindestens 25 % der Heizlast des versorgten Gebäudes betragen, für solarthermische Anlagen gelten andere Regelungen. Förderfähig wäre aber, die Erweiterung einer bestehenden (oder ohne Steuerbonus erneuerten) Öl-Heizung um eine solarthermische Anlage. Auch „die Nachrüstung bivalenter Systeme mit Wärmepumpen (außer Luft/Luft-Wärmepumpen) ist förderfähig“.
Für die förderfähigen Biomasse-Anlagen (analog dem Marktanreizprogramm) macht der Verordnungsentwurf keine Vorgaben, ob sie mit ihrem Einbau die Wärmeversorgung vollständig oder zu einem bestimmten Teil übernehmen müssen.
Der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV) müssen der Bundestag und der Bundesrat zustimmen. Aufgrund des Vermittlungsverfahrens für das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht wird sich dies wohl verzögern. Und eine redaktionelle Überarbeitung ist bereits vorprogrammiert: Durch zahlreiche Bezüge auf die Energieeinsparverordnung (EnEV) sind diese mit dem (noch nicht absehbaren) Inkrafttreten des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zu erneuern.
Der Artikel ist zuerst in dem TGA-Fachplaner erschienen.