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Riskanter Messebesuch

Arbeitsunfall oder privates Missgeschick

Inhalt

Wie wird ein Unfall rechtlich beurteilt und was muss sich der Verursacher oder auch der Geschädigte gefallen lassen? Welches Verhalten wird von einem erkrankten Mitarbeiter verlangt, um sich aus rechtlicher Sicht bei einer Krankschreibung regelkonform zu verhalten? Wir bringen Licht ins Dunkel.

Fall 1: Gefährliche Stromversorgung

Max wird von seinem Chef auf die Messe geschickt, um sich über die neusten Trends zu informieren. Max geht dort zu einem Messestand, der ihn besonders interessiert. Als er gerade auf die Cocktailbar zusteuert, die in der Mitte des Messestands aufgebaut ist, stolpert er über ein Kabel zur Stromversorgung und fällt dabei so unglücklich, dass er sich ein Band am linken Fuß reißt. Kann Max Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem Standbetreiber verlangen?

Bei der sogenannten Verkehrssicherungspflicht muss derjenige, der eine Gefahrenquelle setzt, sämtliche zumutbaren Vorkehrungen schaffen, um zu verhindern, dass andere Personen einen Schaden erleiden. Wer also auf einem Messestand ein loses Stromkabel verlegt, muss zumindest mit Schildern oder mit auffälligen farbigen Markierungen darauf aufmerksam machen. Weil der Messestandbetreiber das in unserem Fall nicht gemacht hat, hat er sich schadensersatzpflichtig gemacht. Als Schadensersatz kann Max dasjenige verlangen, was ihm tatsächlich als Schaden entstanden ist, also zum Beispiel die Kosten für die Arztbehandlung. Er ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Unfall nicht eingetreten wäre. Das bedeutet, ihm sind alle finanziellen Schäden auszugleichen.

Da Max sich ein Band gerissen hat, hat er auch Anspruch auf Schmerzensgeld. Allerdings ist Schmerzensgeld in Deutschland nicht besonders hoch. Anders als beispielsweise in den USA, wo man für einen verschütteten Kaffee Unsummen kassieren kann, soll das Schmerzensgeld in Deutschland keine bestrafende Wirkung haben. Es soll lediglich die immateriellen Schäden, also Schäden, die nicht in Geld gemessen werden können, ausgleichen. Zu solchen Schäden zählen Schäden am Körper oder der Gesundheit. Für die Höhe des Schmerzensgeldes ist vielerlei entscheidend: die Art der Verletzung sowie die Schwere der Verletzung. Außerdem die Dauer der Heilung bzw. die Frage, ob die Beeinträchtigung dauerhaft bleibt. Eine Rolle spielen auch die erlittenen Schmerzen und die Frage, ob der Verletzte arbeitsunfähig war und ob er die Verletzung mitverursacht hat.

Fall 2: Arbeitsunfall oder was?

Max überlegt sich, ob es sich bei seinem Messeunfall um ­einen Arbeitsunfall handelt.

Ein Arbeitsunfall liegt immer dann vor, wenn der Unfall bei der Arbeit oder auf dem unmittelbaren Weg zur und von der Arbeit passiert. Dabei handelt es sich um einen sogenannten „Wegeunfall.“ Dabei muss man nicht unbedingt auf dem direkten, also auf dem kürzesten Weg zur Arbeit gehen. Man kann auch einen kleinen Umweg machen, beispielsweise um den kleinen Bruder zur Schule zu bringen. Der gesamte Weg wird dann als Weg zur Arbeit betrachtet. Besucht Max die Messe während seiner Arbeitszeit bzw. im Rahmen seiner Arbeit, handelt es sich bei dem Sturz über das Kabel um ­einen Arbeitsunfall.

Fall 3: Verhalten bei Krankheit

Eine Messe jagt die andere. Max ist wegen seines Bänderrisses krankgeschrieben. Am darauffolgenden Freitag ist wieder Messe. Dieses Mal geht es um „Grillen und Lifestyle“. Max, der bei der nächsten Grillsaison seine Freundin mit besonders leckeren Steaks beeindrucken möchte, besucht die Messe – gestützt auf Krücken. Auch sein Chef ist auf der Messe, um sich Tipps für leckeres Essen zu holen. Als er Max sieht, meint er: „Wenn du auf der Messe herumspringen kannst, kannst du gefälligst auch wieder arbeiten gehen. Wer krankgeschrieben ist, hat auf einer Messe nichts zu suchen.“ Was nun? Hat der Chef recht? Hat dies Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis?

Wer krankgeschrieben ist, muss nicht zwingend das Bett hüten. Der Patient muss allerdings alles unterlassen, was den Heilungsverlauf behindert oder verlangsamt. Ob bei einem Bänderriss der Heilungsverlauf negativ beeinflusst wird, wenn Max über die Messe läuft, kann nicht pauschal beantwortet werden. Wenn er lediglich einen kurzen Messebesuch plant, bei dem er nur wenig läuft, wird der Fuß sicherlich nicht belastet. Läuft Max jedoch den ganzen Tag über ein großes Messegelände wie bei der ISH in Frankfurt, beeinträchtigt dies bestimmt den Heilungsverlauf. Insgesamt kann man sagen, dass es immer auf den Grund der Krankschreibung ankommt, um zu beurteilen, was man machen kann. Wer eine Erkältung oder Grippe hat, sollte tatsächlich im Bett bleiben und nicht gerade in die Eisdiele oder ins Schwimmbad gehen. Wenn jemand hingegen wegen Rückenproblemen krankgeschrieben ist, kann er beides durchaus machen. Vielleicht wurde regelmäßiges Schwimmen vom Arzt sogar empfohlen.

Die Krankmeldung muss Max übrigens spätestens am 4. Krankheitstag vorlegen, es sei denn, der Arbeitsvertrag regelt etwas anderes. Wird die Krankmeldung zu spät eingereicht, kann der Chef abmahnen.

Julia Reisch
Julia Reisch ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Reuter / Hald & Partner

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