Pufferspeicher aus Beton
Für den Neubau in Edingen bei Heidelberg entwickelte das Familienunternehmen Nader GmbH ein ökologisches und ökonomisches Wasser- und Energiekonzept. Herstellung und Betrieb von Prüfständen für die Automobilindustrie erfordern eine Stromstärke von maximal 600 Ampere, die mit eigenem Blockheizkraftwerk erzeugt wird. Aus der Abwärme werden ca. 200 kW in einem Pufferspeicher zur Heizung von Wohnhaus, Büro-Gebäude und Produktionshalle „zwischengelagert“.
Das Familienunternehmen mit 16 Mitarbeitern wird in der 2. Generation von Jens Nader geführt. Er hat die Ausbildung als Mechatroniker abgeschlossen und ist zurück im elterlichen Betrieb, den sein Vater vor 40 Jahren gegründet hat. Nader ist Marktführer bei der Entwicklung und Serienfertigung von Prüfständen für Ladeluft- und Kühlkreislauf-Komponenten der Automobilindustrie. Nahezu alle Automobilbauer in Deutschland und viele ihrer Zulieferer nutzen die Prüfstände von Nader. Doch die Auftraggeber erhalten mehr als das. Es geht zunächst darum, die Vorschriften und Anforderungen der Fahrzeughersteller zu erproben und mit zu entwickeln, dann Prüfstände dafür zu produzieren. Mittlerweile sind Tests zu Bremsgeräuschen und Berstdruck dazugekommen.
Prüfstand
Ein bei Nader hergestellter Prüfstand sieht, aus der Entfernung betrachtet, wie eine Heimsauna aus, jedenfalls der Form und Größe nach. Werden darin Kühlerschläuche geprüft, herrscht in der Kammer eine Temperatur von abwechselnd -40 und +135° C. In den Schläuchen zirkuliert dann im geschlossenen Kreislauf Glykol mit bis zu 10 bar Druck. Zugleich wird den getesteten Produkten eine mechanische Belastung aus Stauchung, Rotation und Vibration zugemutet. Das entspricht Bedingungen, denen ein Fahrzeug ausgesetzt wäre, wenn es mit voller Leistung abwechselnd durch Sibirien und die Sahara führe.
Am Anfang steht die Idee
Um derart extreme Verhältnisse zu erzeugen, empfiehlt sich eine eigene Stromversorgung. „Wir fahren im Wechsel 90 kW Kältelast und 90 kW Heizlast und brauchen dafür eine Stromstärke im Einzelfall von 360 Ampere, die wir mit unserem Blockheizkraftwerk selbst erzeugen,“ erklärt Jens Nader. Er hat im Jahr 2010 seine freie Zeit in die Fertigstellung des Neubaus investiert. Hand in Hand mit dem Vater und Firmengründer Wolfgang Nader wurden Betrieb und Wohnhaus am neuen Standort in Edingen-Neckarhausen geplant und eingerichtet. Die Gebäude stehen über Eck zusammen. Der Juniorchef hat es zu seiner Sache gemacht, Energie- und Wasserversorgung so zu optimieren, dass nichts verschwendet wird – und so den Umweltschutz gesteigert, die Betriebskosten gesenkt.
Wärmeschutz Wohn-/Bürohaus Nader
- Mauerwerk aus Dämmziegel mit 8 mm Perlite-Füllung
- Fenster mit 3-fach Verglasung und Krypton-Füllung im Scheibenzwischenraum
- Dachfläche mit Gasbeton-Platten, 20 cm stark, auf Stahlblöcken. Darauf Holzsparren, 18 cm stark, mit zwischenliegender Steinwolle
Energiekonzept
Im Zentrum des Energiekonzeptes bei Nader steht das Blockheizkraftwerk. Es wird für die Erzeugung der Elektrizität benötigt. Die dabei entstehende Abwärme ist nicht wirklich übrig; sie wird nur zu einem späteren Zeitpunkt gebraucht. Das Dieselaggregat hat 495 kW mechanische Leistung. Ein Teil der Abwärme des Dieselmotors, ca. 200 kW, kann über Wärmetauscher für das Aufheizen eines Pufferspeichers genutzt werden. Dieser erwärmt sich dabei um 10 K pro Stunde bis auf 80 °C.
Unterirdischer Wärmespeicher
Um Gebäudeflächen zu sparen, wurde der Pufferspeicher im Betriebshof unterirdisch eingebaut. Er hat ein Nutzvolumen von 10.700 Liter; die Bauweise ähnelt einer Thermoskanne. „Das Wasser befindet sich in einem Stahlbehälter, der bis zu 3 bar Druck halten kann. Zwischen diesem und der äußeren robusten Hülle aus Stahlbeton sorgt Granulat-Dämmstoff für eine lange Nutzungsdauer“, erklärt Clemens Hüttinger vom Hersteller Mall in Donaueschingen. Das System Wärmetauscher/Pufferspeicher hat einen Betriebsdruck von 1 bar, maximal 3 bar. Das darin enthaltene Wasser kann sich um bis zu 435 Liter ausdehnen, so dass ein Ausdehnungsgefäß mit 1.200 Liter Volumen Wasser/Stickstoff gewählt wurde. Nader entzieht dem Pufferspeicher die Wärme zur Heizung von Produktionshalle und Büro-/Wohngebäude sowie für die Warmwasserbereitung. Fehlt Wärme, weil das Dieselaggregat nicht benötigt wird, soll eine solarthermische Anlage auf dem Dach den Bedarf ausgleichen. Sie ist derzeit in Planung und wird zwischen 25 und 50 m² Fläche haben. Im Sommer, wenn ein Wärmeüberschuss vorhanden ist, wird der Dieselmotor über einen separaten Wärmetauscher mit Gebläse zur Außenluft hin gekühlt.
Unterirdischer Regenspeicher
Auch das auf den Dachflächen anfallende Regenwasser nutzt der Betrieb geschickt für sein Energiekonzept. Er sammelt es in einer unterirdischen Zisterne mit 25 Kubikmeter Fassungsvermögen. Mit zwei Umwälzpumpen wird das Regenwasser bei Bedarf zur Kältemaschine geführt, um diese von Abwärme zu befreien. Auf dem Rückweg zur Zisterne fließt das erwärmte Regenwasser als Fußbodenheizung durch das Wohn-/Bürogebäude. Zugleich kann aus der Regenzisterne der Bedarf für die WC-Spülung in Wohnung und Betrieb gedeckt werden, denn mit jedem Niederschlag füllt sich der Vorrat wieder auf. Überlaufendes Regenwasser, falls der Zulauf größer ist als die Entnahme, versickert in einer unterirdischen Rigole, die ein Volumen von 30 m³ hat. Sie wurde hinter dem Haus in Ortbeton erstellt, während Zisterne und vorgeschalteter Filterschacht ein System aus befahrbaren Betonfertigteilen vor dem Haus, unter dem Betriebshof, sind. Daneben, auch unterirdisch, befindet sich ein Pumpenschacht mit Druckstation, um überlaufenden Regenwasser bei voller Zisterne in die höher gelegene Rigole zu fördern. So kommt Niederschlag, der nicht verwendet werden kann, dem natürlichen Wasserhaushalt zu Gute, indem das Grundwasser angereichert wird. Und obendrein spart Nader die bei Ableitung in den örtlichen Kanal fällige Niederschlagsgebühr - und die Trinkwassergebühr bei den mit Regenwasser gespülten WC’s.
Betriebskosten
Die gesamte Baumaßnahme wurde ohne Fördergelder realisiert. „Wir wollten ohne bürokratische Hemmnisse unsere Entscheidungen schnell umsetzen,“ betont Jens Nader. „Nicht einmalige Zuschüsse sind uns wichtig, sondern die Einsparung der über Jahrzehnte wirkenden Nebenkosten.“ Die hier realisierte Kombination aus Strom- und Wärmeerzeugung, aus Kühlung und Heizung, aus Regenrückhaltung und Trinkwassereinsparung kann Vorbild für Gewerbe- und Industriebetriebe sein, auch wenn das spezielle Nader-Konzept nicht 1:1 übertragbar ist.
Autor
Dipl.-Ing. Klaus W. König ist Mitglied der Architektenkammer Baden-Württemberg und lebt in Überlingen am Bodensee. Seit 1990 plant er Gebäude mit ökologischer Haustechnik und hält Vorträge.