Der Bericht ist zwar schon ein wenig älter, jedoch hat er von seiner Aktualität nichts eingebüßt. Ganz im Gegenteil, die Wärmepumpen aus den 2020‘Jahren sind technisch noch ausgereifter und dadurch auch Energieeffizienter.
Die Erkenntnisse aus einer Feldstudie kann man so zusammenfassen: Jahresarbeitszahlen sind wichtig, aber nicht immer entscheidend. Was hier mehr Fragen als Antworten aufwirft finden Sie fein aufgedröselt im nachfolgenden Interview:
Herr Miara, seit 2005 führen Sie umfangreiche Feldtests über den Einsatz von Wärmepumpen durch. Was ist das Ziel dieser Untersuchungen?
Miara: Die Effizienz von Wärmepumpen wurde von uns in einer Feldstudie im Rahmen der Projekte „Wärmepumpen-Effizienz“ (2005 – 2010) und „WP im Gebäudebestand E.ON“ (2006 – 2009) bereits eingehend untersucht.
Seit 2012 konzentrieren wir uns mit dem Projekt „WP Monitor“ wieder auf Wärmepumpen im Neubau: Zwischen Juli 2012 und Juni 2013 hat das Fraunhofer ISE hier erneut Wärmepumpen unter realen Bedingungen vermessen. Ein wichtiges Ziel war dabei die Gewinnung von Hinweisen für die Optimierung der gesamten Wärmepumpensysteme. Auf diese Idee gründet auch unser aktuelles Projekt, der „WP Monitor +“, in dessen Rahmen wir die Untersuchung von 50 Wärmepumpen aus dem Vorgängerprojekt fortsetzen. Diese Anlagen werden weiterhin optimiert und vermessen. Erste Ergebnisse dürfen wir im kommenden Winter erwarten.
Wer nahm an den Untersuchungen teil?
Ermöglicht wurden und werden diese Untersuchungen vor allem durch hunderte Privathaushalte, die sich bereit erklärt haben, ihre neu erworbenen Wärmepumpen-Heizungsanlagen messtechnisch untersuchen zu lassen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Forschung zur Verfügung zu stellen.
Nach welchen Kriterien wurden die an der Studie teilnehmenden Wärmepumpensysteme ausgewählt?
Wir wollten in allen Projekten einen repräsentativen Querschnitt des Gesamtmarktes abbilden, entsprechend ist die Verteilung der Wärmepumpentypen. Im „WP Monitor“ und „WP Monitor +“ mussten wir allerdings auf Wasser/Wasser-Anlagen verzichten, weil wir keine aussagekräftige Gesamtzahl an Anlagen rekrutieren konnten.
Was sind die zentralen Ergebnisse?
Im Rahmen unseres 2010 abgeschlossenen Projekts „WP Effizienz“ wurden bei Wärmepumpen in Neubauten mittlere Arbeitszahlen von 2,9 für Luft-Wärmepumpen und 3,9 für erdgekoppelte Systeme ermittelt. Die Ergebnisse des „WP Monitors“ haben gezeigt, dass die durchschnittlichen Jahresarbeitszahlen weiter steigen: Für neu installierte Erdwärmepumpen haben wir eine Arbeitszahl ermittelt, die im Durchschnitt mittlerweile bei 4,3 liegt. Die Effizienz von neu installierten Luft-Wärmepumpen stieg auf eine durchschnittliche JAZ von nun 3,2.
Die enormen Verbesserungen spiegeln unter anderem die in den letzten Jahren vorgenommenen Anstrengungen der Wärmepumpenhersteller wider, die Effizienz ihrer Wärmepumpen zu verbessern.
Zu welchen Prognosen führen die Ergebnisse?
Wärmepumpen sind gut und werden immer besser. Großes Optimierungspotenzial besteht seitens der korrekten Planung und Installation und des ordnungsgemäßen Betriebs der Wärmepumpenanlagen. Das zeigt uns die enorme Bandbreite der tatsächlich erreichten Effizienzwerte: Selbst bei vergleichbaren Anlagen – also beispielsweise bei Sole/Wasser-Wärmepumpen, die alle mit einer Fußbodenheizung genutzt werden – ermittelten wir im Rahmen des „WP Monitors“ Effizienzwerte von 3,0 bis 5,4.
Seitens der Hersteller und des Bundesverbands Wärmepumpe werden große Anstrengungen in Sachen Ausbildung und Qualitätssicherung unternommen, entsprechend rechne ich mit weiterhin steigenden Effizienzwerten.
Wie schnitten die verschiedenen Wärmepumpentypen (Luft-, Wasser-, Erd-Wärmepumpen) im Test ab?
Lassen Sie es mich so zusammenfassen: Alle gut geplanten und sorgfältig installierten Systeme versprechen eine hohe Effizienz. In diesem Fall haben die Wärmepumpenanlagen klare ökologische und primärenergetische Vorteile gegenüber fossil betriebenen Heizsystemen und zwar unabhängig von der Wärmequelle. Naturgemäß erreichen die Sole/Wasser-Wärmepumpenanlagen eine höhere Effizienz als Luftwärmepumpen. Bei der Beurteilung der Wärmepumpenanlagen im Hinblick auf eine nachhaltige Energieversorgung ist eine Betrachtung der Effizienz allein allerdings nicht ausreichend.
Sie halten die Aussagekraft der Arbeitszahlen also für begrenzt?
Genau. Arbeitszahlen sind wichtig, aber nicht immer entscheidend. Denn Effizienz ist gut, aber Effektivität ist besser: Effizienz ist eine gute Input-Output-Relation. Wichtiger ist aber die Effektivität, also das Maß der Zielerreichung.
Das Problem ist besser zu verstehen, wenn man den Heizenergiebedarf, speziell das Verhältnis zwischen Heizwärme- und Trinkwarmwasserbedarf, betrachtet. Um den Heizwärmebedarf eines Gebäudes zu decken, kann an zwei Stellschrauben gedreht werden: an der wärmeübertragenden Fläche und der Heizkreistemperatur. Da sich letztere direkt in der Wärmepumpeneffizienz niederschlägt, sollte sie so gering wie möglich sein. Das ist beispielsweise in Passiv- oder Niedrigenergiehäusern mit Fußboden- oder Wandheizung der Fall. Dennoch erreichen Wärmepumpen in diesen Häusern selten eine hervorragende Arbeitszahl, was daran liegt, dass durch die extrem niedrigen Energiebedarfe für die Heizung der Energieanteil für die Trinkwassererwärmung besonders hoch liegt.
Was ist damit gemeint?
Anmerkung der Redaktion: Wenn eine vierköpfige Familie in einem Altbau auf 100 m² wohnt, so könnte der jährliche Verbrauch zur Beheizung 20 000 kWh betragen. Für das Warmwasser werden vielleicht 3000 kWh aufgewendet. Das Verhältnis Heizung – Warmwassser beträgt dann 3000/20 000 = 0,15 – also 15 %. Wohnt dieselbe Familie in einem gut isolierten Wohnhaus gleicher Ausdehnung, aber mit einem Verbrauch zur Beheizung von nur noch 10 000 kWh, verschiebt sich der Anteil für Warmwasser auf 3000/10 000 = 0,30 – also 30 %. In einem Niedrigenergiehaus könnte das Verhältnis auch 3000/5000 = 0,6 betragen, also 60 %.
Ist der Anteil von hohen Temperaturanforderungen wie bei der Warmwasserbereitung (65 °C) entsprechend hoch, stellt sich die Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe entsprechend schlecht dar, obwohl der Prozess insgesamt und übers Jahr zufriedenstellend ablief.
DICTIONARY
Primärenergie = primary energy
Feldtest = field test
regenerativ = renewable
CO2-Bilanz = carbon footprint
Da für die Warmwasserbereitung ein höheres Temperaturniveau als zur Wohnraumheizung nötig ist, sinkt die JAZ also insgesamt. Dennoch ist die Kombination von Wärmepumpe und Passivhaus höchst effektiv. Wir lernen: Arbeitszahlen sind wichtig, aber nicht immer entscheidend. Es ist also nicht richtig, sich allein auf die Effizienz zu konzentrieren.
Worauf kommt es im Hinblick auf eine nachhaltige Energieversorgung dann an?
Zur Erinnerung, unsere Klimaziele bis 2020 lauten 20 % weniger CO2-Ausstoß, 20 % erneuerbare Energie, 20 % Energieeffizienzsteigerung. Mit jeder gut geplanten und installierten Wärmepumpe ist das problemlos machbar.
Schon Wärmepumpensysteme mit einer JAZ von 3,0 emittieren gut 30 % weniger CO2 als ein Gaskessel mit 90 % Jahresnutzungsgrad. Steigt die Jahresarbeitszahl oder der Anteil erneuerbarer Energien im zugrunde gelegten Strommix, verbessert sich die Bilanz weiter. Weil Wärmepumpen einen hohen Anteil regenerativer Umweltenergie nutzen, gehen sie extrem sparsam mit den primärenergetischen Ressourcen um: Legt man für Strom einen Primärenergiefaktor von 2,4 zugrunde, verbrauchen Wärmepumpen schon ab einer Jahresarbeitszahl ab 2,0 weniger Primärenergie als ein Gaskessel mit 90 % Jahresnutzungsgrad. Wenn der Primärenergiefaktor ab 2016 auf 1,8 sinkt, stehen Wärmepumpen noch besser da.
Lesen Sie zu diesem Thema auch den Bericht „Wie funktioniert eigentlich die Bewertung mittels des Primärenergiefaktors?“ aus dem Heft 11/2014 bequem im Netz unter
www.sbz-monteur.de