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Die alternative Gasversorgung?

Mit Druck und tiefen Temperaturen

Deutschlands Energiehunger wird zu einem erheblichen Anteil von den beiden Energieträgern Heizöl und Erdgas gedeckt. Während Unmengen an Heizöl täglich per Schiff an die Raffinerien geliefert werden, kommt Erdgas in geheimnisvoll gasförmiger Phase daher. Pipelines verbinden die Lager- und Förderstätten der Gaslieferanten mit dem Verbraucher. Das hat auch seinen Grund, denn nichts passiert bei den Energiemultis per Zufall. Es ist eigentlich sehr wirtschaftlich Erdgas per Pipeline zu transportieren. Erst ab einer Lieferstrecke von ca. 3000 Kilometern kann es sinnvoll sein Erdgas in flüssiger Form zu transportieren. Flüssig wird Erdgas aber erst in einer Umgebung die natürlicherweise nicht auf der Erde herrscht.

Die tiefste im freien gemessene Temperatur auf der Erde liegt bei minus 91 °C. Kurz darunter, bei minus 114 °C gefriert Alkohol. Aber erst wenn Temperaturen von minus 163 °C erreicht werden, wird Erdgas bei Umgebungsdruck flüssig. Es wäre also möglich Erdgas flaschenweise zu verkaufen, wenn die Temperatur von minus 163 °C nur unterschritten bliebe.

Erdgas so flüssig wie Erdöl?

Das so genannte Linde-Verfahren wird angewandt, um Erdgas zu verflüssigen. Dazu wird also das Gas immer wieder komprimiert und gekühlt. Während des Komprimierens wird den Erdgasmolekülen in diesem Verfahren die Bewegungsenergie genommen. Die Folge: Die Bewegungsenergie der Gasteilchen wird in Wärmeenergie umgewandelt. Wer eine schlichte Fahrradpumpe bedient und den Auslass der Pumpe mit dem Daumen verschließt, der spürt die dabei
entstehende Erwärmung.

Im nächsten Schritt wird das Gas abgekühlt und ein wenig entspannt. Es ist also die Bewegungsenergie der Teilchen entzogen worden und das Gas wurde wieder leicht entspannt. Bei diesem Vorgang sinkt die Temperatur. Der Vorgang wird beim Erdgas so lange wiederholt, bis die Bewegungsenergie der Gasteilchen so gering ist, dass diese die Fahne streichen und sich bereitwillig verflüssigen. Dies geschieht unter Umgebungsdruck eben erst bei minus 162 °C. Klar ist, dass dieses Komprimieren nicht mit einem Haushaltsfön von statten geht. Um im industriellen Maßstab Erdgas zu verflüssigen, sind ungeheure Maschinen und Energiemengen notwendig. Etwa ein Drittel der Energiemenge, die in dem flüssigen Erdgas steckt, wird zur Verflüssigung aufgewandt. Und dies ist der Knackpunkt, warum nur unter äußeren Zwängen so verfahren wird. Wenn möglich verzichtet man auf die Verflüssigung. Erst wenn beispielsweise ein Seetransport des Erdgases vorgesehen ist, wird verflüssigt. Dann spielt die Volumenverringerung beim Übergang von gasförmig zu flüssig auf ein Sechshundertstel (1/600) die Vorteile aus.

Verladehafen für LNG

Bild: aerial-drone - stock.adobe.com

Verladehafen für LNG
Die British Emerald ausgestattet mit Membrantanks statt der charakteristischen Kugeltanks

Bild: BP

Die British Emerald ausgestattet mit Membrantanks statt der charakteristischen Kugeltanks

Per Schiff um die Welt

Entsprechende Tankschiffe für LNG (Liquefied Natural Gas also verflüssigtes Erdgas) sind seit 1959 rund um die Welt unterwegs. Schiffe mit den charakteristischen Kugeltanks sind jene älteren Baujahrs. Heutige Neubauten sind in der Regel mit so genannte Membrantanks bestückt. Diese Schiffe mit Membrantanks unterscheiden sich für den Laien nur schwer vom Öltanker. Die British Emerald (deutsch: Britischer Smaragd) beispielsweise transportiert 155.000 Kubikmeter verflüssigtes Erdgas. Das Schiff mit einer Länge von 288 Metern ist eines der großen und modernen dieser Art. Die Gasmenge im Schiffsraum würde ausreichen bis zu 40.000 Haushalte ein Jahr lang zu versorgen.

Heiße Fahrt für kühles Erdgas

Nun lässt sich für den Transport der flüssigen Fracht kaum eine passende Umgebungstemperatur auf der Erde finden. Bei der Schiffsüberquerung des Äquators an einem heißen Sommertag stoßen zwei Welten aufeinander. Bei Temperaturdifferenzen von über 200 Grad zwischen dem Gassee im Tank und der Umgebung am Äquator neigt die Kohlenwasserstoffsuppe deutlich zum Kochen. Zwar sind die Außenwände der Membrantanks dieser LNG-Pötte wärmegedämmt, aber verlustfrei geht es eben doch nicht. Ein Teil der Erdgasflüssigkeit wird während der Fahrt wieder gasförmig.

Schiffe älteren Baujahrs entließen dieses Gas einfach über Ventile an die Umgebung. Heutzutage sind moderne Schiffe, wie die gezeigte British Emerald, in der Lage dieses „Abgas“ zu nutzen. Entweder kann es den Schiffsmotoren als Brennstoff zugeführt werden, oder das Gas wird mit der schiffseigenen Rückverflüssigungsanlage wieder in die Tanks zurück gepumpt. Die weltweite Energieverknappung und dadurch bedingte Verteuerung sorgt eben auch für einen technisch besseren Verfahrensstand bei solchen Transporten.

Zwischenlager für verflüssigtes Erdgas

Bild: creativenature.nl - stock.adobe.com

Zwischenlager für verflüssigtes Erdgas
So können wir uns zukünftig einen Teil unserer Versorgung mit Erdgas vorstellen: Als LNG wird es per Schiff angelandet und auf die Erdgasleitungen in Deutschland verteilt

Bild: Mike Mareen - stock.adobe.com

So können wir uns zukünftig einen Teil unserer Versorgung mit Erdgas vorstellen: Als LNG wird es per Schiff angelandet und auf die Erdgasleitungen in Deutschland verteilt

Deutschland schließt auf

Die Erdgaslieferströme in Europa laufen zu einem Großteil über Pipelines. Auch Deutschland stützt sich durch langfristige Verträge auf diese Art der Versorgung.

Da Erdgas über die beschriebene Technik der Verflüssigung weltweit gehandelt werden kann, soll zukünftig die Versorgungssicherheit auch in Deutschland dadurch erhöht werden. Pläne für die LNG Anlandung sind bereits konkret.

Anlagen mit der Möglichkeit Gas einerseits anliefern zu lassen und andererseits auch wieder von dort zu verteilen lohnen eben nur im gigantischen Ausmaß.

Mit dem Blick auf Wirtschaftlichkeit wird auch über den Bau von Häfen nachgedacht, die in der Lage sind Erdgas in verflüssigter Form zu verladen. Diese Art von Häfen lohnen sich nur in der Nähe von so genannten „Giants“ (Giganten) also riesigen Gasvorkommen mit mehr als 80 Milliarden Kubikmetern. Zurzeit sind nur Länder wie Algerien, Indonesien, Malaysia, Iran und seit einigen Jahren auch Katar mit solchen Möglichkeiten ausgestattet.

Ausblicke für LNG

Die oft verteufelte Globalisierung treibt auch Blüten in Bezug auf die Energieversorgung. Nicht nur Kohle und Erdöl wird um die halbe Welt geschippert. Auch Erdgas bietet sich, nach entsprechender Verflüssigung, als weltweites Handelsgut an. Die Versorgungssicherheit eines Landes kann dadurch
erhöht werden.

Allgemeiner Sprachgebrauch

In den Anfängen wurde Erdgas ausschließlich im gasförmigen Zustand über Pipelines transportiert. Im Laufe der Zeit gelang es, Erdgas durch Abkühlung auf minus 160 Grad Celsius zu verflüssigen und auf sechs Hundertstel seines Volumens zu komprimieren. In der Gegenwart wird der Energieträger bereits zu 30 Prozent als „Flüssigerdgas“ (LNG) in Tankern verschifft. Diese Entwicklung hat letztlich dazu beigetragen, dass der Begriff „Flüssiggas“ immer häufiger irreführend gebraucht wird.

Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet „Flüssiggas“ seit jeher die Kohlenwasserstoffe Propan (C3H8) und Butan (C4H10). Diese lassen sich schon bei einem geringen Druck von sechs oder acht bar in einem Tank lagern. Erdgas, das als Hauptbestandteil den Kohlenwasserstoff Methan (CH4) enthält, verflüssigt sich dagegen erst unter einem deutlich höheren Druck von circa 200 bar. Dies erfordert einen weitaus größeren technischen Aufwand bei Transport
und Lagerung.

Die internationale Sprachregelung bezeichnet dagegen eindeutig Flüssiggas als „Liquefied Petroleum Gas“ (LPG), verflüssigtes Erdgas als „Liquefied Natural Gas“ (LNG) und komprimiertes Erdgas als „Compressed Natural Gas“ (CNG). Letzteres kommt in Erdgasfahrzeugen als Kraftstoff zum Einsatz und sollte nicht mit Autogas (LPG) verwechselt werden.

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