Um mit einer Flächenheizung/-kühlung vom Heizbetrieb in den Kühlbetrieb wechseln zu können, ist eine Umschaltung von einer Wärmequelle auf eine Wärmesenke notwendig. Der Heizkreisverteiler versorgt die Wärmeübergabekreise mit einer Vorlauftemperatur, die deutlich niedriger als die Raumtemperatur ist und wird dadurch zum Kühlkreisverteiler. Im Gegensatz zum Heizbetrieb, der eine Übertemperatur an die raumumschließenden Flächen bringt, um Wärme an den Raum zu übertragen, wird nun eine Untertemperatur hergestellt, um dem Raum Wärme zu entziehen.
Über einen niedrig temperierten Massestrom wird über den Vorlauf des Wärmeübergabekreises dem Raum dadurch Wärme entzogen, indem das Wärmeträgermedium Wasser des (untertemperierten) Vorlaufes über die thermisch aktivierten Flächen dem Raum Wärme entzieht und über den infolgedessen höher temperierten Rücklauf (negative Spreizung) an die Wärmesenke bringt. Diese Wärmesenke benötigt gleichfalls eine deutlich niedrigere Temperatur als der Rücklauf, um die Wärme aufnehmen zu können und wieder einen deutlich kühleren Vorlauf (Masse-Volumenstrom) in die raumumschließenden Flächen bringen zu können. Und die Entwärmung des Raumes beginnt erneut.
Die wassergeführte Flächenkühlung erfolgt äußerst effizient, da sie nicht die Luft, sondern die Oberflächen von Bauteilen kühlt. Dieses Wirkprinzip kommt der Physiologie des Menschen und der daraus resultierenden thermischen Behaglichkeit deutlich näher, als die Luft zu kühlen, was oft mit recht unangenehmen Luftbewegungen einhergeht, worauf viele Menschen sehr empfindlich reagieren. Die installierte Wärmeverteilung und Wärmeübergabe bleiben unverändert, nur die Temperaturen ändern sich und damit die Wirkung der thermisch aktivierten Flächen, im Wechselspiel zwischen Wärmesenke und Wärmequelle.
Woher die Kälte für die Flächenheizung/-kühlung kommt, soll hier anhand der beiden unterschiedlichen Bereitstellungsarten von Kälte erläutert werden. Denn diese kann sowohl passiv als auch aktiv bereitgestellt werden.
Passive und aktive Kühlung
Die passive Kühlung benötigt keine Endenergie zur Bereitstellung von Kälte, sondern lediglich Hilfsenergie für die Umwälzpumpen im Heiz- bzw. Kühlkreis und im Wärmesenkenkreis. Eine passive Wärmesenke kann eine unnatürliche Wärmequelle (z. B. Prozesskälte), aber auch eine natürliche Wärmequelle sein, wie z. B. die einer erdgekoppelten Wärmepumpe, die mit ihrer Wärmequellenanlage Umweltwärme aus dem oberflächennahen Untergrund nutzt, um für den Heizbetrieb im Winter eine Übertemperatur für den Heizkreis bereitzustellen.
Dieselbe Wärmequellenanlage wirkt allein über die Temperaturen als Wärmesenken- oder Kältequellenanlage. Für die passive Kühlung wird die Wärmepumpe über einen Bypass umgangen und eine direkte Verbindung zwischen Wärmequelle und Wärmesenke hergestellt. Bei der aktiven Kühlung wird die Wärmepumpe genutzt, allerdings in reversibler Betriebsweise, durch Prozessumkehrung des Kältekreises. Es ändert sich lediglich die Richtung des Wärmestroms (Umkehrung des Wärmestroms) durch die thermische Be- oder Entladung des Wärmeträgermediums (Heizwasser).
Die Verhältnisse im oberflächennahen Untergrund zeigen, dass diese Temperaturen ausreichend kühl sind, um als passive Wärmesenke wirken zu können. Die Kühlleistung ist abhängig von der vorherrschenden Temperaturdifferenz und der Wärmeaufnahme der Flächenkühlung. Mit einer Grundwasserbrunnenanlage kann ebenso passiv gekühlt werden wie mit einer Erdwärmesondenanlage. Mit erdgekoppelten Wärmepumpen ist neben der passiven Kühlung auch eine aktive Kühlung durch Prozessumkehr möglich.
Sollte keine Wärmesenkenanlage zur Verfügung stehen oder die notwendige Kühlleistung nicht erbracht werden können, besteht die Möglichkeit einer aktiven Kühlung. Die aktive Kühlung kann auch mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe in reversibler Betriebsweise umgesetzt werden. Durch die Umkehrung des Kältekreises wird der Verflüssiger zum Verdampfer und der Verdampfer zum Verflüssiger. Die aktive Bereitstellung von Kälte kann der zu kompensierenden Kühllast genau angepasst werden.
Hydraulische Ergänzungen/Voraussetzungen
Für den Kühlbetrieb einer Flächenheizung/-kühlung ist neben der Bereitstellung einer Wärmesenke auch die hydraulische Integration derselben notwendig. Die Art und Weise ist abhängig von der Wärmesenkenanlage. Ein Platten-Wärmeübertrager wirkt auch als Systemtrenner, bei unterschiedlichen Medien. Der Masse-Volumenstrom und die Spreizung sind festzulegen und zwischen Wärmesenken- und Flächenkühlkreis abzustimmen.
Die Masseströme sind wie die Temperaturdifferenzen wesentlich für die Leistungsbestimmung. Das ist für den Heizbetrieb ebenso und Planungsgrundlage. Heizleistung ist aber nicht gleich Kühlleistung. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Wärmeübergängen (Bauteil-Luft/Luft-Bauteil) und zum anderen an den Unterschieden in der Positionierung/Ausrichtung. Ebenso wie bei den Heizleistungen bestehen auch bei den Kühlleistungen Unterschiede in den Wärmestromdichten. Grundsätzlich ist die Kühlleistung immer geringer als
die Heizleistung.
Ein weiterer Grund dafür ist die kleinere Spreizung (Temperaturdifferenz zwischen VL und RL), die mit Volumenstrom kompensiert werden muss, um einen effizienten Betrieb sicherzustellen, ähnlich der maximalen Oberflächentemperatur bei Fußboden- und Deckenheizung, stets für den Kühlfall an allen Flächen, eine Mindestvorlauftemperatur. Während die maximalen Oberflächentemperaturen primär dem Wohle des Menschen entsprechen, kommt eine Mindestvorlauftemperatur dem Bauteil zugute und damit dem Bauwerk. Eine Mindestvorlauftemperatur von 18 °C stellt sicher, dass es zu keinen Taupunktunterschreitungen im oder am Bauteil kommen wird, welche Tauwasserausfall provozieren. Tauwasserausfall in oder an Bauteilen ist grundsätzlich zu vermeiden. Aus diesem Grund kommt zur hydraulischen Ergänzung auch noch diese regelungstechnische Komponente hinzu. Raumthermostate können auch den Kühlbetrieb regeln.
Der Taupunktwächter ist die unverzichtbare sicherheitstechnische Einrichtung der Flächenkühlung. Er überwacht die relative Feuchte (Wasserdampfaktivität) an der Bauteiloberfläche oder an kritischen Oberflächen der Anlage und schaltet bei drohender Unterschreitung der Taupunkttemperatur (dynamischer Grenzwert) die Kühlfunktion aus, um keine Feuchteschäden am oder im Bauteil zu provozieren. Beispielsweise liegt die Taupunkttemperatur bei einer relativen Luftfeuchte von 60 % und einer Lufttemperatur von 26 °C bei 18 °C.
Zwei Leistungsbereiche der Flächenkühlung
Der Kühlbetrieb bietet im Gegensatz zum Heizbetrieb zwei Leistungsbereiche: die Ankühlleistung und die Vollkühlleistung.
Bei der Ankühlung erfolgt die Auslegung nach der Heizlast mit den hierfür notwendigen Wärmestromdichten. Der Kühlbetrieb erfolgt ohne hydraulische Anpassung auf den Kühlbetrieb. Die Ankühlleistung erfüllt die Anforderung an eine Optimierung der thermischen Behaglichkeit durch Senkung der Raumtemperatur in den Sommermonaten um einige Kelvin in Abhängigkeit der Außentemperatur.
Bei der Vollkühlung erfolgt die Auslegung nach der Kühllast mit den hierfür notwendigen Wärmestromdichten zur Sicherstellung einer maximalen Raumtemperatur von z. B. 26 °C, unabhängig von der Außentemperatur. Die Vollkühlleistung erfüllt somit die Anforderung einer maximalen Raumtemperatur von 26 °C während der Sommermonate. Um diese Leistung erreichen zu können, müssen engere Verlegeabstände realisiert werden, die in der Regel zusätzliche Wärmeübergabekreise fordern. Neben diesem Mehraufwand bei der Montage ist der hydraulische Abgleich nach Vollkühlung herzustellen und zu dokumentieren.
Beide Leistungsbereiche können sowohl mit einer passiven als auch mit einer aktiven Kühlung bedient werden. Die erreichbare Kühlleistung je Quadratmeter ist je nach Flächenorientierung (Boden, Wand oder Decke) unterschiedlich und weicht von der Heizleistung je Quadratmeter ab. Der Fachbereich Flächenheizung/-kühlung im BDH hat im Rahmen eines System- und Kostenvergleiches festgestellt, dass in den meisten modernen EFH eine Ankühlung durchaus ausreichend ist, um nicht nur die thermische Behaglichkeit zu erhöhen, sondern bisweilen auch die Vollkühllast zu kompensieren.
Die nebenstehende Tabelle zeigt einen Vergleich der Ankühlleistungen an Boden, Wand und Decke, die aus der Auslegung nach Heizlast resultieren, im Bezug zu der berechneten Kühllast nach VDI 2078, welche den Anforderungen der Vollkühlung entspricht. Des Weiteren sind in diesem Vergleich auch die systembedingten Unterschiede in den Anwendungen Boden, Wand und Decke klar zu erkennen. Darüber hinaus zeigt die Tabelle auch einen prozentualen Anteil an der Kühllast, die eine Ankühlung zu erreichen vermag. Die hier genannten Werte aus der Kühllastberechnung des Gebäudes sind beispielhaft zur Orientierung zu verstehen, da bei der Kühllast zusätzliche Parameter im Detail entscheidend sind, wie z. B. Art der Verschattung, Raumgeometrie, Anteil transparenter Flächen, allgemeiner sommerlicher Hitzeschutz der Baustoffe und -materialien (Schichtenaufbau der thermischen Hülle), Lage des Gebäudes, Umraum usw. Sollten diese Voraussetzungen nicht ausreichend sein, ist eine Auslegung nach Kühllast als Vollkühlung naheliegend. Die individuellen Wünsche des Bauherrn entscheiden letztlich. Reicht ihm eine Ankühlung oder benötigt er eine Auslegung zur Vollkühlung?
Differenzierung der Auslegung als Planungsgrundlage
Die Vorteile der passiven Kühlung liegen in den minimalen Investitions- und Betriebskosten mit gleichzeitigem Synergiepotenzial (z. B. Unterstützung der natürlichen Regeneration bei erdgekoppelten Wärmequellenanlagen im Sommer). Nachteilig sind die oft begrenzten Kühlleistungen, da diese stets von der Kapazität der Wärmesenke in Abhängigkeit des Bedarfs (Kühllast) abhängen. Für einen thermischen Ausgleich kann aber in vielen Fällen eine passive Kühlung im Wohnbereich ausreichend sein, wenn keine besonderen Wärmelasten im umbauten Raum vorherrschen. Die begrenzten Kühlleistungen erklären sich aus der passiven Betriebsweise, wo keine aktive Kälte erzeugt wird, sondern lediglich eine bestehende Wärmequellenanlage als Wärmesenkenanlage genutzt wird. Lediglich die beiden Umwälzpumpen der beiden Wärmeübertragungskreise sind bei der passiven Kühlung in Betrieb. Eine aktive Kühlung verlangt hingegen zusätzlich einen Kälteerzeuger als Kompressor, der eine definierte Kälteleistung bereitstellt. Die hieraus gewonnene Wärme kann z. B. als Prozesswärme anderen Nutzungsanforderungen zugeführt werden.
Für die aktive Kühlung kann festgehalten werden, dass deren Vorteile dann zum Tragen kommen, wenn z. B. in Bürogebäuden oder Serverräumen definierte Kühlleistungen erforderlich sind. Nachteilig wirken sich dahingehend die höheren Investitions- und Betriebskosten aus.
Der nächste Teil dieser Serie behandelt die Kombination verschiedener Wärmeübergabesysteme.