Als ursprünglicher Ansatz erfolgte im Zuge einer Erweiterung und Modernisierung für das Hotel Sonne-Post der Wechsel raus aus der Erdölverbrennung, rein in die Geothermie. Die Wärmeversorgung ist nach dem ersten Schritt zu 70 % regenerativ, aber am Limit. Mehr geht auf dem eigenen Grundstück nicht. Die Stromversorgung aus dem Netz ist zu 100 % regenerativ. Doch der Hausanschluss ist begrenzt auf 110 kW. Sicherheit bringt in dieser Situation das automatische Energiemanagement – und ein Blockheizkraftwerk (BHKW) sowie ein Spitzenlastkessel, die beide noch mit Flüssiggas betrieben werden müssen.
Das Energiekonzept ist übertragbar auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Das Hotel Sonne-Post, besteht neben den 25 Hotelzimmern und 4 externen Ferienwohnungen aus Restaurant/Küche und Schwimmbad/Sauna.
Energiemix Wärme
Bei diesem Umbau mit Erweiterung wurde in den Jahren 2020-2021 ein Energiekonzept realisiert, das von außen kaum wahrnehmbar ist und so das idyllische Ambiente nicht beeinträchtigt. Doch im Sinne der Energiewende ist das Zusammenspiel seiner Komponenten ein Meisterstück, passgenau für diesen Betrieb gefertigt. Dennoch ist das Konzept anwendbar für andere Hotels oder für die Wohnungswirtschaft, insbesondere wenn Bestandsgebäude modernisiert und erweitert werden, wenn von fossiler auf regenerative Energie umgestellt wird.
Die Prognose nach Herkunft der Wärme bei errechneten 400.000 kWh Bedarf pro Jahr stammt von der Energiedienst AG, einem Anbieter von objektspezifischen Lösungen, zugleich Erzeuger von Strom aus Wasserkraft und regionaler Netzbetreiber:
Mittelfristig soll das Flüssiggas durch „grünes“ Flüssiggas ersetzt werden, langfristig durch Wasserstoff. Erfahrungswerte im Normalbetrieb liegen noch nicht vor, da seit Fertigstellung der Energietechnik der Hotelbetrieb aufgrund der Covid-Pandemie stark eingeschränkt war.
Zwei Drittel Geothermie
„Die Geothermie an diesem Ort ist ein Experiment“, kommentiert Klaus Nerz. Er leitet die Abteilung Wärme- und Energielösungen bei Energiedienst AG. Thomas Eiche, der mit seiner Frau Yvonne das Hotel seit Ende 2019 in der fünften Generation führt, bevorzugt die Erdwärme, trotz der Risiken. Er stammt aus Basel, wo diese Technik seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird, und weiß: „Wir haben hier im Hochschwarzwald ein raueres Klima als unten im Rheintal und niedrigere Temperaturen im Untergrund.“ Eine besondere Herausforderung war das Schwimmbad mit 11 x 5,5 m, das auch im Sommer permanent Wärmebedarf hat, anders als sonstige Gebäudeheizungen. Ein Entnahmestopp in der warmen Jahreszeit gibt es also nicht. Das gefährdet die Regeneration im Untergrund, wo die Wärme meist langsamer nachströmt, als sie von den Geothermie-Sonden entnommen wird. Deshalb hatte Nerz mit seinem Planungsteam die Luft/Wasser-Wärmepumpen favorisiert, die der Außenluft die benötigte Wärme entzogen hätten. Aber die Bauherrschaft wollte deren Geräuschemissionen im Interesse der Hotelgäste vermeiden und entschied sich für das Experiment – hofft, die Sonden ohne Pause und ohne Verlust an Effizienz ganzjährig betreiben zu können. Ein Versorgungsrisiko besteht jedoch nicht, das BHKW kompensiert eventuelle Ertragseinbußen bei der Geothermie.
Läuft es nach Plan, werden 68 % der im Hotel benötigten Wärme aus Geothermie stammen. Dazu entnehmen 23 Sonden die Erdwärme aus jeweils 160 m Tiefe. In einem geschlossenen Kreislauf zirkulieren Wasser und zugesetztes Glykol als Frostschutz zwischen den Erdsonden und der Wärmepumpe (WP). Dabei wird 10 °C „warmes“ Wasser nach oben transportiert, ein Teil der enthaltenen Energie von der WP auf den Heizkreislauf übertragen, das auf 6 °C abgekühlte Wasser wieder in die Tiefe geschickt. Diese Zirkulation ist mit Geschwindigkeit und Volumenstrom so eingestellt, dass sich das flüssige Transport-Medium am tiefsten Punkt auf die Quelltemperatur erwärmen kann. Erdreich und Gestein in der Tiefe kühlen dabei ab, die Wärme strömt aus der Umgebung aber permanent nach. Damit das dauerhaft und ausreichend funktioniert, muss der Abstand zwischen den Erdsonden groß genug sein. Bei diesem Objekt beträgt er 10 m – in der Hoffnung, dass das für einen
Ganzjahresbetrieb ausreicht.
Im Neubau JAZ 5-6
Eine Sole-Wärmepumpe im Technikraum des Neubaus überträgt die Erdwärme auf den Heizkreislauf. Im Schwimmbad, in den Saunen und für die Fußbodenheizung der Hotelzimmer in den drei Geschossen darüber wird die Geothermie vorrangig genutzt. Denn dafür reichen 35 °C Vorlauftemperatur, ideal für den Betriebskosten sparenden Betrieb der WP. Das Maß für deren Effizienz ist die Jahresarbeitszahl (JAZ), die hier rechnerisch und bei Betrachtung der Anwendung im Neubau bei 5-6 liegt. Das heißt, im Verhältnis zur abgegebenen Wärmeenergie beträgt die Aufnahme an elektrischer Energie nur ein Fünftel bis ein Sechstel, also rund 16-20 %. Eine wichtige Größe, denn der Strom für die WP kann allgemein als Ersatz für Brennstoff gesehen werden. Bei einem guten ökologischen Gesamtkonzept wie hier stammt er aus erneuerbaren Ressourcen (Solarstrom, Netzstrom aus Wasserkraft) sowie aus hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung und entspricht so den Kriterien des Klimaschutzes. Doch damit nicht genug – die aktuell massiv gestiegenen Stromkosten verlangen schon aus ökonomischen Gründen die konsequente Einsparung bzw. Optimierung des Stromverbrauchs.
Das von Energiedienst realisierte Konzept erstreckt sich auch auf den 30 Jahre alten Bestandsbau. Dort liegt das Temperaturniveau des Heiz- und Warmwassers bei 40-70 °C. Hat die WP noch übrige Kapazität aus der Geothermie, wird damit die Rücklauftemperatur von Warmwasser, Lüftung und Heizung angehoben – allerdings nur bis maximal 50 °C. Mit Bezug auf die WP heißt das, dass sie in der JAZ nicht weiter abfallen soll, als auf den Wert von 3-4. Denn je höher die gewünschte Temperatur, desto mehr Strom wird für den Betrieb der WP gebraucht bzw. desto niedriger ist die JAZ. Günstiger für die höheren Temperaturen zum Schutz vor Legionellen in der Warmwasserbereitung und vor allem im Winter für das Heizsystem im Bestandsgebäude ist neben dem Spitzenlastkessel ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Sein Beitrag macht 25 % am jährlichen Wärmebedarf aus. Es wird, wie auch der für 5 % im Jahr verantwortliche Spitzenlastkessel, mit Flüssiggas betrieben.
Engpass Elektro-Hausanschluss
Das Flüssiggas ist der „Pferdefuß“, solange es noch kein zu 100 % „grünes“ Flüssiggas gibt. Vermutlich ist das nur eine Frage der Zeit. Oder zum Ende der Amortisationszeit wird das BHKW durch eines ersetzt, das Wasserstoff nutzt. Bis dahin wird um jedes Prozent weniger Wärmeanteil beim BHKW gekämpft. Er läge bei 27 %, wäre da nicht die Wärmerückgewinnung aus Kühlaggregaten der Restaurantküche, deren Anteil aktuell 2 % beträgt und der vorrangig in die Warmwasserbereitung eingespeist wird. Diese Komponente stammt noch aus der zurückliegenden dreißigjährigen Epoche. 1991 war das Hotel fast vollständig abgebrannt. Die damals neue Ölheizung mit 190 kW wurde ergänzt um ein Dachs-Öl-BHKW mit 5 kW elektrischer und 12 kW thermischer Leistung. Im Jahresmittel wurden in dieser Kombination etwa 25.000 Liter Heizöl für einen Wärmebedarf von 160.000 kWh benötigt. Der Energiebedarf Strom betrug in der Vergangenheit 185.000 kWh, davon war der vom alten BHKW erzeugte Anteil 35.000 kWh.
Zur künftigen Stromversorgung trägt die neue Photovoltaikanlage mit 15 kWp bei. Mehr war auf dem Neubau nicht möglich. Derzeit laufen jedoch die Vorbereitungen zum weiteren Ausbau auf den Dachflächen des Bestandsbaus mit zusätzlich 20 kWp. Die Prognose für den Jahresbedarf des Hotels an Strom liegt bei 300.000 kWh, doppelt so viel als bisher aus dem vorhandenen Niederspannungsanschluss bezogen wurde. Doch auch künftig wird ein beachtlicher Anteil der elektrischen Energie aus zwei Quellen selbst gewonnen:
Die Kapazität des Hausanschlusses ist auf 110 kW begrenzt, mehr gibt das Netz nicht her, ohne dass eine eigene Trafostation gebaut wird. Der Engpass entsteht bereits ab einem Strombedarf von 85 kW bei vollem Restaurant- und Küchenbetrieb, insbesondere wenn gleichzeitig die WP läuft, die Saunen aufgeheizt werden oder an den beiden neuen Ladesäulen Elektrofahrzeuge „auftanken“.
Leistungsmanagement
Durch die Erweiterung des Gebäudes in den Jahren 2020/2021 kamen immerhin 100 kW Anschlussleistung hinzu. Damit wurde, vor allem wegen der begrenzten Kapazität des Hausanschlusses, ein gutes Leistungsmanagement erforderlich – ein Spezialgebiet des Teams für Wärme- und Energielösungen von Klaus Nerz, Energiedienst AG. Vier Situationen können zu Stress im System führen:
Erstens, wenn der Strom knapp wird durch hohen Bedarf im Hotel und damit die Kapazität des Hausanschlusses
erschöpft ist.
Zweitens, wenn künftig bei zunehmend erneuerbarer Stromerzeugung, vor allem an Tagen ohne Wind und Sonnenschein, die Kapazität im Netz knapp wird. In beiden Fällen überträgt das Leistungsmanagement die Wärmeerzeugung von der WP komplett auf das BHKW. Dabei wird als Nebeneffekt eigener Strom erzeugt, gleichzeitig entfällt die WP als Stromverbraucher.
Stress entsteht drittens, wenn zu viel Strom im Hotel produziert wird, weil an sehr kalten Tagen das BHKW zur Anhebung der Heiztemperatur im Bestandsgebäude auf Hochtouren läuft und nebenbei viel Strom produziert, der als Überschuss bei schlechten Preisen ins Netz eingespeist werden muss.
Viertens, wenn an Wochenenden oder in den Ferien Unternehmen weniger Strombedarf haben, also bei gleichzeitig viel Sonne und Wind der Strom im Netz übrig ist und die PV-Anlage des Hotels maximalen Ertrag liefert. Das Einspeisen führt dann zu negativen Preisen, verursacht zusätzlich zum Verbrauch von Flüssiggas noch Extrakosten. In beiden Fällen wird aus wirtschaftlichen Gründen das BHKW automatisch abgestellt und die WP bekommt das Signal, die Wärmeversorgung im Hotel komplett zu übernehmen, inklusive der erforderlichen Vorlauf-Temperatur von 65 °C im Bestandsbau und unabhängig von der sonst so wichtigen Effizienz. Bei sehr kalten Außentemperaturen hilft der Spitzenlastkessel aus. In allen Fällen regelt das Leistungsmanagement die Balance von ökologischen Ansprüchen und ökonomischen Erfordernissen. Durch entsprechende Programmierung für das Leistungsmanagement kann das Zusammenspiel der Komponenten zur Wärme- und Stromerzeugung im Hotel darauf abgestimmt werden – mit dem Ziel, die Nachhaltigkeit weiter zu maximieren und gleichzeitig die Energiekosten tagesaktuell zu minimieren.
Zusammenfassung
Die Wärme für das Hotel Sonne-Post wird zu gut zwei Drittel aus Geothermie gewonnen, zu einem knappen Drittel übergangsweise aus Flüssiggas, später vermutlich aus Wasserstoff. Die exponierte Lage des Objekts im Hochschwarzwald lässt nicht viele Alternativen zu. Die Stromgewinnung durch Photovoltaik auf eigenen Dachflächen wird maximal ausgebaut, kann den Strombedarf aber bei weitem nicht decken. Mit fortschreitender Energiewende, mit verstärktem Einfluss von Sonne und Wind auf die Strompreise in Deutschland kann das Leistungsmanagement dieses Vorzeigeprojekts den besten Energiemix für das Hotel zusammenstellen: Bei hohen Marktpreisen wird im Hotel die Wärmepumpe abgestellt – das BHKW unterstützt dann maximal bei der Wärme- und Stromversorgung. Bei niederen Marktpreisen wird das BHKW abgestellt – die Wärmepumpe übernimmt dann die komplette Warmwasserbereitung, im Winter zusätzlich die Heizung mit hohen Vorlauftemperaturen im Bestandsgebäude.
Der Netzstrom für das Hotel Sonne-Post stammt von Energiedienst und damit zu 100 % aus erneuerbarer Ressource. Er entspricht damit in vollem Umfang den Kriterien des Klimaschutzes. Dazu kommen, wie immer bei der Verwendung einheimischer regenerativer Energie, volkswirtschaftliche Vorteile: Kapital für Energieimport fließt nicht aus Deutschland ab, neue Arbeitsplätze entstehen in der Region, zusätzliche Steuereinnahmen stärken die beteiligten Kommunen. Das Hotel Sonne-Post mit seiner überwiegend aus Geothermie gewonnenen Wärme und Netzstrom aus der Wasserkraft des Hochrheins ist ein gelungenes
Beispiel dafür.