Bäder barrierefrei planen
Kommt die Sprache auf barrierefreie Bäder, dauert es nicht lange, bis auch das Wort „behindertengerecht“ fällt. Ein Begriff, den es – zumindest im Sanitärbereich – auszurotten gilt. Denn: Wer möchte schon gerne Barrieren, also Hindernisse, in seinem Badezimmer haben? Wahrscheinlich niemand. Und auch die Auffassung, barrierefreie Bäder würden grundsätzlich im sterilen Charme eines Krankenhaus-Stationsbades daherkommen, gilt es zu bekämpfen.
Bewegungsflächen überlappend einplanen
Richtig ist, dass sich ein barrierefreies Bad von einem herkömmlichen Badezimmer in Details unterscheidet. Aber auch diese Unterschiede müssen durchaus keinen Abstrich in Sachen Ästhetik und Nutzkomfort bedeuten. Da ist zunächst einmal über den Platzbedarf nachzudenken. Jemand, der sich mit Hilfe von Krücken fortbewegen muss, benötigt mehr Raum als der, der nur auf zwei Beinen agiert. Hier ist für die Benutzung der einzelnen Sanitärobjekte des Badezimmers ein Freiraum mit Abmessungen von jeweils 120 cm x 120 cm erforderlich.
Rollstuhlfahrer benötigen sogar Bewegungsflächen von mindestens 150 cm x 150 cm. Eine Überlagerung dieser Bewegungsflächen der einzelnen Sanitärobjekte ist dabei zulässig und auch sinnvoll. Geht man davon aus, dass immer nur eine Person das Bad benutzt, stellt eine Überlagerung kein Problem dar. Sie sorgt zudem dafür, dass nicht sehr große Räume zur Einrichtung barrierefreier Bäder nötig sind. Denn in der Praxis bieten die Räume, in denen die Bäder entstehen sollen, nur selten viel Platz. Ferner würden sehr weit auseinander liegende Sanitärobjekte auch dem optischen Gesamteindruck schaden – getreu dem Motto: Mehr Saal als Raum.
Schiebetüren sind bequem und schaffen Platz
Überlagern sich die nötigen Bewegungsflächen sinnvoll, stimmt das Aussehen und eine problemlose Benutzung aller Einrichtungen ist möglich. Vor allem aber: Auch der rüstige Nutzer wird nichts dagegen haben, wenn er sich nicht zwischen Waschtisch und Badewanne zum WC schlängeln muss. Eine weitere Möglichkeit, den Raum optimal auszunutzen, bietet sich mit der Auswahl der Tür. Für gehbehinderte Personen muss diese eine Durchgangsbreite von mindestens 80 cm haben, Rollstuhlfahrer benötigen für die Durchfahrt mindestens 90 cm Freiraum. Für eine herkömmliche Tür bedeutet das, dass auch der Platz für den Türradius im Badbereich freigehalten werden muss. Arbeitet man mit Vorwand-Installationssystemen, bietet sich der Einbau einer Schiebetür an. Diese verlangt nach keinem Platzbedarf im Bad und ist einfacher zu handhaben: Schließlich ist es z. B. für einen Rollstuhlfahrer einfacher, eine Tür zur Seite zu schieben als zu sich heranzuziehen.
Der Waschtisch - als Tisch zum waschen
Bequem gestaltet sich auch der Waschtisch im barrierefreien Bad. Er kann nämlich wieder so benutzt werden, wie es „während den Anfängen“ zunächst üblich war – als Tisch. Dafür ist es erforderlich, Platz für die Beine zu schaffen, die der Nutzer unter dieses Sanitärobjekt stellen muss. Um das Sitzen am Waschtisch möglich zu machen, sollte die Montagehöhe zwischen 80 cm und 84 cm liegen. Auch ist der Einbau eines flachen Beckens sehr von Vorteil. Ferner darf der Ablauf mit seinem Geruchverschluss nicht stören. Deshalb muss ein Flach-Aufputzsiphon, besser noch ein Unterputzsiphon eingebaut werden. So erreicht man, dass bis zu einer Höhe von 67 cm und bis zu einer Tiefe von 30 cm tatsächlich Platz für die Beine vorhanden ist. Zur Bequemlichkeit trägt ebenfalls bei, dass ausreichende Ablageflächen für Toilettenutensilien aus sitzender Position erreichbar sind. Gemessen an einem durchschnittlich großen Menschen liegt der Griffbereich einer sitzenden Person in einer Höhe von 30 cm bis hin zu 130 cm über Fußboden. In diesem Radius müssen sich die Ablagen und die Handtuchhalter befinden. Auch der Spiegel muss für eine sitzende Nutzung geeignet sein. Die einfachste Lösung stellt ein Spiegel dar, der bis auf den Waschtisch hinuntergezogen ist. Diese lange Ausführung bietet für stehende und für sitzende Nutzer den passenden Blickwinkel. Klassische Waschtischspiegelgrößen können aber auch eingesetzt werden, wenn sie leicht auf unterschiedliche Neigungswinkel umgestellt werden können.
Aufsteh-Hilfen zumindest einplanen
Damit nicht ungewollt auch der Handtuchhalter mal auf einen neuen „Neigungswinkel“ eingestellt wird, sollte man prüfen, ob im Einzelfall Stützgriffe am Waschtisch sinnvoll sind. Schließlich könnte ja der, der vor dem Waschtisch sitzt – eben weil er nicht mehr so gut zu Fuß ist – sich beim Aufstehen auf dem Becken oder eben auf dem Handtuchhalter abstützen. Was den Handtuchhalter angeht: Die hier zur Befestigung verwendete Madenschraube ist dann chancenlos. Erfolgt die Montage der Stützgriffe nicht sofort, sollten entsprechende Montagevorrichtungen (z. B. in der Vorwand) eingerichtet werden, um ein Nachrüsten zu ermöglichen. Solche Griffe können als Aufstehhilfe auch am WC erforderlich sein, und zwar beiderseitig vom Sanitärobjekt. Die Griffe müssen eine Ausladung von 85 cm haben, das WC also nach vorne überragen. Die Montage soll so erfolgen, dass die obere Greiffläche 85 cm über dem Fußboden liegt. Mindestens einer dieser Stützgriffe muss schwenkbar ausgeführt werden, um einem Rollstuhlfahrer das seitliche Umsteigen vom Rollstuhl auf das WC zu erleichtern. Dafür muss das WC mit seiner Vorderkante mindestens 70 cm von der rückwärtigen Wand entfernt liegen. An den Stützgriffen – und damit gut erreichbar – sollen der Toilettenpapierrollenhalter und der Reservepapierrollenhalter angebracht sein.
Montagehöhe - ganz nach Wunsch
Als WCs werden heute vorwiegend wandhängende Objekte verwendet. Bei der Installation muss allerdings über die Montagehöhe nachgedacht werden. Normalerweise beträgt diese (Oberkante Objekt) 42 cm. Jemand, der aber sowieso Probleme hat, sich aus sitzender Position zu erheben, empfindet diese Anordnung als zu tief. Im Mittel werden in solchen Fällen Montagehöhen von etwa 48 cm gewählt. Da teilweise eine noch größere Sitzhöhe nötig ist (bis hin zu 55 cm) kann eine variable Höheneinstellung durch Einbau eines Hub-WCs erfolgen. Dank eines speziellen Vorwand-Elementes, an dem Abwasser- und Spülrohranschluss flexibel angelegt sind und entsprechend ausgeschnittenen Fliesen, kann das WC durch Lösen der Befestigungsmuttern um 6 cm in der Höhe verschoben werden. Auf diese Weise kann das WC im Badezimmer den sich ändernden körperlichen Fähigkeiten seines Nutzers angepasst werden. Sollen gehandicapte und nicht gehandicapte Personen das WC benutzen, bieten sich so genannte Lift-WC’s an, die sich vor jeder Benutzung individuell und motorisch betrieben auf Wunschhöhe einstellen lassen. Die Montagehöhen, sowie die eventuelle Notwendigkeit von Stützgriffen als Aufstehhilfe, gelten in gleicher Weise natürlich auch für das Bidet.
Die Badewanne als große Barriere?
Was das Waschen des Körpers angeht, streiten sich die Gelehrten darüber, ob in einem barrierefreien Bad nun eine Wanne oder wohl doch eine Dusche angebracht sei. Rein praktisch betrachtet, stellt die Badewanne die größere Barriere dar. Sie hat schließlich einen Wannenrand, den es zu überklettern gilt. Für jemanden, der ohnehin nicht ganz sicher auf den Beinen ist, kann das eine ziemliche Zumutung sein. Auch das „im Boden versenken“ der Wanne erschlägt das Problem nicht. Denn die Wannentiefe bleibt ja und der Benutzer muss in die „Bodenmulde“ hinabsteigen. Im Gegensatz zur herkömmlichen Wannenaufstellung liegt hier sogar noch eine größere Höhendifferenz zwischen Fußboden im Badezimmer und Badewannenboden vor, was das betreten und verlassen der Wanne erschwert. Eine mögliche Lösung ist der Einsatz eines Badewannenliftes, der in die Wanne gestellt wird. Er bietet dem Nutzer eine Sitzfläche in Wannenrandhöhe, die dann in die Wanne abgesenkt werden kann. Elektrisch oder mit Wasserdruck betrieben, wird der Benutzer nach dem Baden so auch wieder aus der Wanne gehievt. Eine weitere Alternative sind Wannen, deren Wannenrand mit einer Tür ausgestattet ist. Diese werden aber im privaten Badezimmer weniger eingebaut. Die Entnahmearmatur soll an der Badewanne so angebracht werden, dass sie der Badende erreichen kann, während er in der Wanne liegt. Auf diese Weise kann auch während des Badens warmes Wasser in die Wanne nachlaufen. Der Wanneneinlauf sollte dafür am Fußende der Wanne angebracht sein, damit das Wasser beim Nachfüllen nicht zum Teil über den Wannenbenutzer fließt. Ideal ist demnach ein Unterputz-Thermostat, der eine freie Anordnung des Auslaufs ermöglicht und mit Verbrühungsschutz ausgestattet ist.
Die Dusche - bodengleich und schön geräumig
Fällt die Wahl auf den Einbau einer Dusche, stellte die bodengleiche Ausführung die beste Lösung dar. Der Duschbereich sollte 1,5 m x 1,5 m groß sein – dann haben auch Rollstuhlfahrer ausreichende Bewegungsfreiheit. Um das Abfließen des Wassers in Richtung Ablauf sicherzustellen, muss der Boden ein Gefälle von zwei Prozent haben. Hier bietet die Industrie bereits vorgefertigte Bodenelemente an, bei denen das Gefälle vorgegeben ist. Oft sind dabei auch schon die Bodenabläufe integriert. Das erleichtert den dichten Einbau in den Fußboden. Leider ist aber bei den Fertigelementen der Bodenablauf meist mittig angeordnet. Eingebaut bedeutet das, der Benutzer der Dusche tritt ständig auf den Ablauf. Dabei wäre das leicht zu verhindern, wenn man den Ablauf nicht mittig, sondern etwa 30 cm von der Wand entfernt platziert. Als Armatur im Duschbereich erweist sich eine Thermostatbatterie als gute Wahl. Einhandmischer mit Heißwassersperre bieten guten Benutzungskomfort, sperren aber im Gegensatz zum Thermostaten das heiße Wasser nicht ab, wenn der Kaltwasservolumenstrom zu gering wird. Bei der Anordnung der Armatur muss man berücksichtigen, dass diese auch sitzend erreichbar sein muss. Eine Montagehöhe von 85 cm ist deshalb sinnvoll. Die Armatur soll zudem einen Abstand zu einer seitlichen Wand von mindestens 50 cm haben, damit ein Rollstuhlfahrer sie erreichen kann, ohne an die Wand zu stoßen.
Sicherheit durch Haltegriffe und Klappsitz
Für den, der die Dusche stehend benutzen möchte, ist ein Haltegriff in 85 cm Höhe sinnvoll, der sich über den gesamten Bereich des Duschplatzes erstreckt. Ein senkrecht angeordneter Griff gibt zusätzliche Sicherheit und kann als Befestigung für die Handbrause mitbenutzt werden. Sinn macht die Anordnung einer Sitzgelegenheit im Bereich des Duschplatzes. Der Sitz sollte auf einer Höhe von 48 cm angebracht und an die Wand hochklappbar sein. Auf diese Weise ist er nicht im Weg, wenn er nicht gebraucht wird. Für ein bequemes Sitzen ist eine Sitzfläche von mindestens 40 cm Breite und 55 cm Tiefe nötig. Komplettsysteme bieten die Möglichkeit, einen Sitz in das Handlaufsystem einzuhängen. Unabhängig von der Art der Sitzinstallation (also egal ob eigenständige Befestigung oder eingehängt in das Handlaufsystem) muss die Konstruktion mindestens 150 kg Masse tragen können.
Spritzschutz durch Abtrennung oder Vorhang
Ein Spritzschutz am Duschplatz ist unverzichtbar. Auch wenn es sich um eine bodengleiche Duschgelegenheit handelt, sollte der hier vorhandene Ablauf kein Freibrief dafür sein, bei jedem Waschen das gesamte Bad zu fluten. Wer mag schon nasse Hausschuhe, Bademäntel und Handtücher? Ideal ist eine Duschabtrennung. Die Ausführung als Eckeinstieg liefert Platz um den Bereich wirklich barrierefrei betreten zu können. Für Rollstuhlfahrer eignen sich auch hier am besten Schiebetüren. Sind diese nicht realisierbar, ist ein Duschvorgang doch die bessere Wahl. Allerdings sollte der Vorhang unten einen beschwerten Bord bekommen. So verhindert man, dass sich dieser während das Wasser strömt um die sich waschende Person „wickelt“. Sowohl bei Duschabtrennung als auch beim Duschvorhang ist wichtig, dass diese einen ausreichenden Abstand zur Raumdecke haben. Hier muss der Wassernebel abziehen können. Würde sich dieser im Duschbereich aufstauen, könnte das so erzeugte „Tropenklima“ (schnell ansteigende Temperatur und hohe Luftfeuchtigkeit) kreislauftechnisch labileren Personen schwer zu schaffen machen. Kann sich der Benutzer nicht mehr selbst waschen, muss die Höhe der Abtrennung auf etwa 80 cm reduziert werden. Das genügt, weil eine hilfebedürftige Person sehr wahrscheinlich nur im Sitzen duscht. Ferner kann vom trockenen Bereich aus - über die Abtrennung hinweg - Hilfestellung gegeben werden.
Aber auch diese Abtrennungen der etwas anderen Art haben heute optisch einfach Klasse. Die Zeiten, in denen ein barrierefreies Bad Assoziationen an einen Operationssaal auslöste, sind vorbei. Und auch der gesunde und vitale Mensch hat nichts dagegen, wenn er am Waschtisch ausreichende Ablagemöglichkeiten hat, ohne Stolperfallen die Dusche betreten kann oder das Toilettenpapier erreicht, ohne sich dafür verrenken zu müssen.