Flächenheizung ist viel besser als ihr Ruf
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Wenn von Fußbodenheizungen gesprochen wird, dann dauert es meistens nicht lange und erste Bedenken werden geäußert. Da hört man von Trägheit dieser Heizung. Andere reden davon, dass die Füße dick werden. Fußbodenheizung soll auch stauben. Es wird behauptet, man soll sie nicht unter Möbeln verlegen, denn sonst gäbe es einen Wärmestau. Unter Duschen und Badewannen dürften sich ebenfalls keine Heizrohre befinden, da die Siphons austrocknen. Als Bodenbelag bloß kein Parkett oder Teppichboden drauflegen. Was ist dran an solchen Aussagen? Und auf was ist so alles zu achten, damit die Fußbodenheizung einwandfrei funktioniert?
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Den Milben das Wasser abgraben
Staub findet sich in jeder Wohnung. Aber der bleibt auf dem Boden liegen, da die Wärmeabgabe hauptsächlich über Strahlung erfolgt. Die Luft bewegt sich so gut wie nicht und kann folglich auch keinen Staub mitreißen. Bei Heizkörpern hingegen, befindet sich der Staub aufgrund des hohen Konvektionsanteils in der Luft und darf eingeatmet werden. Für jemanden, der gegen Hausstaubmilben allergisch ist, sind Heizkörper ein Problem. Die Flächenheizung sorgt zudem für eine Reduzierung der Feuchtigkeit in den Teppichböden. Und trockene Teppiche mögen Hausstaubmilben nicht. Also keine Chance für Milben, Schimmelpilze und Pilzsporen. Trockene Heizungsluft durch Heizkörper, bleibt den Bewohnern erspart. Die Flächenheizung sorgt für eine höhere relative Luftfeuchte und wird von der Arbeitsgruppe RLT-Anlagen in Krankenhäusern empfohlen. Was für kranke Menschen gut ist, kann für gesunde nicht schlecht sein.
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Warmer Boden ungesund?
Mit dem Vorurteil der „dicken Füße“ hat sich die Europäische Vereinigung für Phlebologie (Wissenschaft von Venen und Venenerkrankungen) in einer Studie befasst. Die Patienten beklagten sich nicht, unter der Fußsohle eine zu große Wärme zu verspüren oder ein Kältegefühl zu empfinden. Es wurde – im Gegenteil – oft von Komfort gesprochen. Die Flächenheizung kann nicht als ein Risikofaktor für Venenerkrankungen angesehen werden. Alle befragten Personen waren zufrieden. Auch die Aussage, dass eine Fußbodenheizung nur bei gefliestem Boden Sinn macht, stimmt nicht. Grundsätzlich können, unter Berücksichtigung des maximalen Wärmeleitwiderstandes von Rλ,B = 0,15 m² K/W und der Freigabe durch den Hersteller verlegt werden:
- Teppichboden
- PVC-Boden, Linoleum
- Parkett und Laminat-Beläge
- keramische Fliesen und Platten
- Naturwerkstein
- Betonwerkstein
Für jeden Belag gilt es einige Regeln einzuhalten. Hier stellen die Hersteller der Flächenheizungssyteme ihre langjährigen Erfahrungen zur Verfügung.
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Heizungsrohre auch unterm Schrank verlegen
Einen nicht unerheblichen Teil der Leistung erreicht die Flächenheizung auch unter Möbeln. Da Möbel bekanntlich mobil sind, können sie umgestellt werden. Kalte Flächen würden erscheinen, wenn keine Heizrohre darunter verlegt sind. Die Wärme wandert zeitverzögert doch hin zur kalten Fläche – reine Physik. Folglich könnte diese Wärme im Aufenthaltsbereich zur Erreichung der gewünschten Raumtemperatur fehlen. Auch aus Gründen der Hygiene sollten keine kalten und somit schlecht durchlüfteten Teilflächen produziert werden. Da sich die Oberflächentemperaturen zu rund 96 % im Bereich von 22 bis 24 °C in der Heizperiode bewegen, wird die viel zitierte Schokolade im Schrank nicht schmelzen, da kein Wärmestau entstehen kann. Da die Flächenheizung überwiegend mit 2 bis 4 Kelvin höherer Bodentemperatur als Raumtemperatur fährt, kann von einem zu warmen Boden nicht die Rede sein. Auch die Flächen unter Duschen und Badewannen sollten mit Heizrohren belegt werden. Gegen das Austrocknen des Siphons hilft einfach ab und zu mal duschen oder baden. Die maximale Oberflächentemperatur nach DIN EN 1264 [1] ist mit 29 °C aus gesundheitlichen Gründen begrenzt. Dieser Fall tritt heute, bei den gut gedämmten Gebäuden, nicht, oder nur selten, bei tiefsten Auslegungstemperaturen (bis -14 °C) ein. Klare Vorteile der Flächenheizung sind Freiräume. Es steht mehr Platz zur Verfügung. Kleine Räume gewinnen mehr Stellflächen. Weiterer Pluspunkt: An der Flächenheizung stößt sich niemand: Weder ästhetisch noch physisch; Kinder verletzten sich nicht an Ecken und Kanten. Die Flächenheizung liegt versteckt im Boden, somit fällt Vandalismus aus. Was man nicht sieht, kann man nicht zerstören.
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Mit der Flächenheizung kann man auch kühlen
Die Investitionskosten für die Bauherren liegen bei einer Flächenheizung nicht höher als bei eine Radiatorenheizung. Dieses zeigen zahlreiche Praxisvergleiche des IEMB [2]. Der Unterschied ist nur, dass der Anlagenmechaniker viele Systembestandteile mitliefern kann, die sonst der Estrichleger verlegt, wie z. B. die Wärme- und Trittschalldämmung, den Randdämmstreifen und die Folienabdeckung. Der Bauherr bezahlt nicht mehr, sondern nur mehr an den Heizungsfachmann und weniger an den Estrichleger. Niedrige Betriebskosten werden durch niedrige Systemtemperaturen erzielt. Weil der „Heizkörper“ Fußboden so großflächig ist wie der Raum selbst, reichen niedrigere Raumtemperaturen zum Wohlbefinden als bei kleinen Heizquellen. Die Raumtemperatur kann bis zu 2 Grad niedriger eingestellt werden. Das spart etwa 12 % Energie und Geld. Die Möglichkeit Wärmepumpen zu nutzen, bietet sich geradezu zwingend an. Das schont den Geldbeutel noch mehr und hilft der Umwelt. Im Sommer lässt sich die Fußbodenheizung zu Kühlzwecken aktivieren. Kaltes Wasser zirkuliert durch die Rohre. Auf eine Regelung mit Taupunkt- und Feuchtigkeitsüberwachung muss geachtet werden. Schließlich soll ja auf der Fußbodenoberfläche kein Kondenswasser entstehen. Gesamtkonzepte von der Wärmepumpe, über die hydraulische Einbindung mit Regelungtechnik stehen zur Verfügung. Zu allen vier Jahreszeiten wird somit ein angenehmes Raumklima erreicht.
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Beim Planung und Einbau keine Fehler machen
Wichtig ist die passende Systemauswahl und korrekte Verarbeitung. Schließlich ist Fußbodenheizung nicht gleich Fußbodenheizung. Damit alles richtig gemacht wird, stehen umfangreiche Montage- und Installationsanleitungen zur Verfügung. Ferner kann auf Beratungen, Schulungen und Montageeinweisungen vor Ort zurückgegriffen werden. Die Flächenheizung im Boden ist der einzige „Heizkörper“, der mit dem Menschen in ständigem Kontakt steht. Eine große Sorgfalt beim Einbau ist vorausgesetzt. Ein Koordinierungsgespräch aller beteiligten Gewerke im Vorfeld der Montage vermeidet unnötige Schäden an Estrichen und Oberböden. Schließlich versteht sich eine genaue Planung als Basis für den späteren Einbau. Die Auslegung erfolgt mittels Software der Hersteller und beinhaltet die nötigen Angaben für den hydraulischen Abgleich. Beides erfolgt unter Berücksichtigung einschlägiger Normen und der EnEV [3]. Der hydraulische Abgleich der Heizkreise ist Pflicht des Anlagenmechanikers gemäß VOB [4]. Eine CAD-Zeichnung mit den Heizkreisen unterstützt die Verlegung.
So, wie der Wärmeschutznachweis zum Gebäude gehört, sollten auch Revisionspläne der Flächenheizung mit Angaben zu Einstellwerten und hydraulischen Verhältnissen vorhanden sein. Diese Unterlagen bekommen die Bauherren nach Abschluss der Arbeiten im Rahmen der Anlagenübergabe.
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Rohr mit Memory-Effekt
Wichtigster Bestandteil der Flächenheizung ist das Rohrmaterial. Hier sollte sich genauestens über die Qualität informiert werden. PE-Xa Rohre nach Verfahren Engel [5] sind sauerstoffdicht. Eine Systemtrennung mittels Wärmetauscher ist nicht notwendig. Über 30 Jahre hat sich das PE-Xa Rohr in der Praxis bewährt. Am 15.11.1973 wurden bei BASF Rohrprüflinge aus PE-Xa in das Zeitstandsbecken gehängt, deren Prüfung erst am 29.06.2002 abgeschlossen war. Eine echte Prüfdauer von annähernd 30 Jahren bei einer Temperatur von 95 °C und 10 bar Innenüberdruck dürfte einmalig in der Welt der Rohre sein. Hier wird das Rohr nahezu „gekocht“. Durch diese extremen Belastungen besitzt das Engel- Rohr sehr viel Reserve in Bezug auf Druck- und Temperaturbelastung. Sollte im Zeitdruck der Baustellenhektik bei der Verlegung ein Rohr abknicken, so kann mittels Heißluftfön diese Knickstelle schadlos beseitigt werden. Hier hilft der so genannte Memory-Effekt: Das Rohr „erinnert“ sich an seine Ursprungsform. Es ist physikalisch und chemisch wieder das gleiche Rohr mit den gleichen Sicherheiten wie in der Produktion.
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Aufbau mit Nass-Estrich
Flächenheizungssysteme für Zement- und Anhydritestrich finden in der Regel im Neubaubereich Verwendung. Hier gilt es, den Fußbodenaufbau, unter Berücksichtigung aller wärme- und trittschalltechnischen Anforderungen, genau zu planen. Der Wärmeschutznachweis liefert wichtige Informationen, die es zu berücksichtigen gilt. Wird bei der Modernisierung der alte Fußbodenaufbau bis zum Rohbeton entfernt, können diese Systeme auch hier eingebaut werden. Zur Anwendung kommen Tackersysteme, Schienensysteme, und Noppenfoliensysteme. Eine Besonderheit bietet das Klettsystem. Hier sind die Rohre werkseitig spiralförmig mit einem Klettband versehen, das sich in die spezielle Klettfolie der Dämmplatten verzahnt – ganz ohne Werkzeug. Beispielhaft sei hier noch das Noppenplattensystem genannt. Diese Platte vereint Funktionen, wie Wärme- und Trittschalldämmung, normgerechte Abdeckung mittels schwarzer Folie zum Schutz der Dämmung gegen Durchfeuchtung und Noppen zur Rohrführung. Die Rohrführung wird somit industriell vorgegeben und verhindert Montagefehler. Die einzelnen Elementplatten werden mittels Noppenüberlappung verbunden (dicht bei Fließestrich). Die Heizrohre werden zwischen die Noppen geklemmt und sind so gegen verrutschen geschützt.
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Der Estrich muss normgerecht sein
Die DIN 1055-3 [6] und die DIN EN 1991-1-1 [7] legen die Nutzlasten für Wohn-, Nichtwohn- und Industriebauten fest. Die Estrichüberdeckung bei Zementestrich (CTF4) steigert sich von 45 mm über Rohr im Wohnungsbau (2 kN/m²), über 65 mm (3 kN/m²), 70 mm (4kN/m²) bis hin zu 75 mm (5 kN/m²) in Nichtwohnbauten nach DIN 18560 [8]. Hier sollten die Estriche normgerecht und mit Prüfzeugnissen auf 30 mm in Wohnbauten und auf 45 mm in Nichtwohnbauten reduziert werden. Das spart z. B. in einem Einfamilienhaus bei 150 m² Wohnfläche gut viereinhalb Tonnen Estrich. Durch den minimierten Estrich erhöhen sich im Sommer die Kühlleistungen der Bodenkühlung. Im Winter reduziert sich die Aufheizzeit – die Flächenheizung ist flink geworden. Nach Einbringen des Estrichs wird die Flächenheizung druckgeprüft und aufgeheizt, um die Funktion zu dokumentieren (Dichtheitsprüfungs- und Funktionsheizprotokoll mit Merkblatt). Messstellenmarkierungen werden vor Einbringung des Estrichs gesetzt. Der Oberbodenleger erkennt somit die Punkte zur Messung der Restfeuchte.
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Es geht auch ganz trocken
Das System mit Trockenestrichplatten ist speziell für die Altbaumodernisierung entwickelt worden. In eine Trägerplatte, mit nur 25 mm Dicke, werden Wärmeleitlamellen aus Aluminium verlegt. Darin werden die Kunststoffrohre eingebracht und mit einer PE-Folie abgedeckt. Darauf werden die Trockenestrichplatten mit 18 bis 25 mm schwimmend gelegt. Eine weitere Möglichkeit sind Estrichziegel. Sie kombinieren die Funktionen Lastverteilschicht und Oberbodenbelag. Vorteile im Trockenbau liegen im geringen Fußbodenaufbau von 43 bis 50 mm und dem geringen Flächengewicht (≥ 25 kg/m²). Besonders für alte Beton- und Holzbalkendecken ohne hohe statische Belastbarkeit, sind diese Konstruktionen geeignet. Da keine Feuchtigkeit in das Gebäude gebracht wird, können diese Systeme nach wenigen Tagen aufgeheizt und mit dem Bodenbelag belegt werden.
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Modernisierung mit minimaler Aufbauhöhe
Im Zuge der Erneuerung der Oberbodenbeläge kann eine Flächenheizung den Wohnkomfort steigern. Hier empfiehlt sich ein Folienelement mit rund einem Zentimeter Höhe. Dieses System kann auf einen vorhandenen Estrich, Fliesenbelag oder auf Holzdielen eingebaut werden. Sonderkonstruktionen sind nach Absprache mit den Herstellern möglich. Vor Montage des Noppenfolienelementes wird der Untergrund als Vorbehandlung grundiert. Eine rückseitige Klebeschicht sorgt für eine Haftung auf dem Untergrund. Nach Verlegung der Rohre wird eine Ausgleichsmasse über das offen gestaltete Element verteilt. Die minimale Höhe der Ausgleichsmasse liegt bei 15 mm. Mindestdämmanforderungen der EnEV im Altbau sind zu berücksichtigen. Ist dies nicht oder nur mit zu hohem Aufwand möglich, genehmigt die EnEV in solchen Härtefällen Ausnahmen. Dieses System mit dem Minimalaufbau kann ein Radiatorensystem vollständig ersetzen. Aufgrund der geringen Masse wird eine sehr schnelle Regelbarkeit erreicht.
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Selbstregeleffekt trickst Trägheit des Systems aus
Immer wieder ist die Rede der schlechten Regelbarkeit der Flächenheizung – alles Vergangenheit. Wichtig zu wissen ist zunächst, wie der Selbstregeleffekt zustande kommt: Wenn ein Raum z. B. eine Temperatur von 20 °C und eine Oberflächentemperatur der Flächenheizung von 24 °C aufweist, stehen praktisch etwa 40 W/m² Wärmeleistung zur Verfügung. Erhöht sich nun die Raumtemperatur (z. B. durch Sonneneinstrahlung, Personenanzahl, Kaminfeuer) auf 22 °C, reduziert sich die Leistung der Flächenheizung auf 20 W/m². Sie gibt 50 % weniger Leistung ab, ohne jeglichen Eingriff der Nutzer. Zusätzlich registriert die Einzelraumregelung Abweichungen von der eingestellten Solltemperatur, so dass die gewünschte Raumtemperatur nahezu gleichmäßig eingehalten wird. Die Pflicht zum Einbau einer Einzelraumregelung ergibt sich aus den Forderungen des Gesetzgebers (EnEV). Eine Regelung mit Zeiteinstellung lässt Schlafräume früher abkühlen. Spezielle Raumfühler auf Funkbasis erfassen die Luft- sowie die Strahlungstemperatur, bilden einen Mittelwert und vollziehen die vom Menschen empfundene Temperatur nach. Um die Aufheizzeit einer Flächenheizung deutlich zu beschleunigen, werden witterungsgeführte Regler mit fußbodenheizungsgerechten Heizkurven (Software mit Schnellaufheizung, Aufheizoptimierung) eingesetzt. Ein engerer Verlegeabstand der Heizrohre sollte aus Komfortgründen selbstverständlich sein.
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Wird die Anlage fachgerecht geplant und sachgerecht gebaut, kann der Kunde sich über eine Fußbodenheizung mit vielen Vorteilen freuen. Dabei ist sie in der Anschaffung nicht teurer als eine Radiatorheizung. Und die Gründe, die angeblich gegen die Flächenheizung sprechen, sollte man dahin stellen, wo sie hingehören: Zu Rumpelstilzchen in den Märchenwald.
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Der Film zum Thema
Zum Thema Fußbodenheizungs-Klettsystem zeigt der Film „Klettsystem“ wie es gemacht wird:
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von Dirk Schulze
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Literaturnachweis:
[1] DIN EN 1264: Fußbodenheizung – Systeme und Komponenten
[2] IEMB: Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin Abteilung Energieeinsparung und Emissionsminderung/Bauphysik
[3] EnEV Oktober 2007: Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung – EnEV)
[4] VOB: Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
[5] Thomas Engel, Erfinder des peroxidisch vernetzten Rohres
[6] DIN 1055-3: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 3: Eigen- u. Nutzlasten für Hochbauten
[7] DIN 1991-1-1: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke: Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau
[8] DIN 18560-2: Estriche im Bauwesen – Teil 2: Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)