Der Seiltrick
Schwere Lasten zu bewegen, war zu allen Zeiten eine Aufgabe die nicht immer nur mit reiner Muskelmasse erledigt wurde. Schon sehr früh konnten Hilfsmittel eine Erleichterung für echte Mammutaufgaben bringen.
Hirnschmalz hat also sehr früh die Möglichkeiten der Menschen erweitert. Das Aufrichten von Steinskulpturen oder das Hissen von Segeln wird bis zum heutigen Tag unter Zuhilfenahme einer genialen wie einfachen Technik erledigt.
Grafik -A-
Mittels eines Seiles können gewöhnlich nur Zugkräfte übertragen werden. Und will man mit einem Seil eine Last nach oben bewegen, so muss die Gewichtskraft der Last aufgebracht werden. Eine Rolle beispielsweise am Dachfirstbalken eines Hauses befestigt, ermöglicht das Heraufbefördern von einer Last bequem vom Boden aus. Das Prinzip nennt sich die feste Rolle und wird in Bild -A- dargestellt. Es wird schnell klar, dass das Seil die Kraft nur weitergeben kann. Die Zugbelastung ist an jeder Stelle des Seiles gleich. Nichts verändert die Belastung oder teilt diese auf, das Prinzip der festen Rolle.
Grafik -B-
Der zweite Ansatz sieht vor, dass man die Rolle als loses Bauteil einbringt. Man steht gewissermaßen oben, am Dachgiebel und zieht das Gewicht nach oben. Würde man jetzt anstatt zu ziehen das lose Seilende mittels Nagel befestigen, so käme die Last zum Stillstand. Dieser Moment würde es aber erlauben gedanklich den Kraftverhältnissen im Seil auf die Spur zu kommen. Denn nun wäre die Gewichtskraft der Last auf zwei Seilenden verteilt. Eine Hälfte hinge am Haken, die zweite Hälfte wäre angenagelt. Fakt ist, obwohl man das gleiche Gewicht unten anhängt, hat sich mithilfe einer Rolle die Belastung auf das Seil halbieren lassen. Es handelt sich um das Prinzip der losen Rolle.
Grafik -C- und -D-
Mithilfe von drei Rollen lässt sich die angehangene Gewichtskraft weiter verteilen. Das Spiel ließe sich immer weiter treiben. Und würde man jeweils das lose Seilende, also jenes Ende an dem man gedanklich zieht, annageln kann man sich sehr leicht vorstellen, welche Gewichtskraft dort jeweils angreift. Wäre das angehangene Gewicht 100 Kilogramm schwer, so wäre die angehangene Gewichtskraft jeweils rund 1000 Newton. Die notwendige Seilkraft wäre im Falle der festen Rolle ebenfalls 1000 Newton. An der losen Rolle hätte sich die Gewichtskraft bereits halbiert auf 500 Newton. Im Bild -C- wären noch 333 Newton Zugkraft aktiv und in Bild -D- ließe sich das Gleichgewicht herstellen, wenn man 250 Newton Zugkraft am Seil aufbringen würde.
Genial aber mit Haken
Ohne Zweifel ist das durchgeführte Gedankenexperiment auch auf die Praxis und das tägliche Leben übertragbar. Man spart also echten Krafteinsatz bei der Benutzung eines Flaschenzuges. Aber man kann nicht sofort davon ausgehen, dass man auch Arbeit gespart hat, das ist der Haken. Im ersten Fall, mit der festen Rolle, wird mit der eingeholten Länge einerseits auch die Last auf der anderen Seite um die gleiche Länge bewegt. Bei der losen Rolle verschiebt sich das Verhältnis bereits. Die Halbierung der Seilkraft zieht eine Verdoppelung der aufzuwickelnden Länge nach sich. Die beiden Flaschenzüge mit drei beziehungsweise vier Rollen benötigen natürlich auch die drei- und vierfache Aufspullänge im Vergleich zur festen Rolle.
Weiterentwicklungen
Seit mehr als 3000 Jahren geht man mit dieser Technik um. Zwar wird beim Anheben von Lasten mit oder ohne einen Flaschenzug die gleiche Arbeit verrichtet. Aber der verminderte Kraftaufwand macht viele Transportaufgaben überhaupt erst möglich. Wenn dann noch Motoren verwendet werden, dann kann mit sehr geringer Leistung ein enorme Kraft ausgeübt werden. Als Weiterentwicklung des Flaschenzuges hat sich der Differenzialflaschenzug bewährt. Das Heben von Lasten unter widrigen Umständen ist auch bei der Bergwacht ein Thema. Daher gibt es Techniken die statt der gezeigten Rollen einfache Karabiner einsetzen. Auch so lässt sich Gewicht verteilen. Die Selbstrettung ist sogar möglich. Bei geschickter Anwendung der Techniken kann man sich selbst aus einer Spalte befreien, die so genannte Münchhausentechnik.
Film zum Thema
Ein interessanter Filmbeitrag zeigt nochmals das Prinzip und Anwendungen des Flaschenzuges
https://www.youtube.com/watch?v=n-9j01a_m9A