Brennwerttechnik richtig einsetzen
Bei kleinen, wie auch großen Leistungen sind Brennwertkessel oft die Favoriten wenn es um wirtschaftliche Heiztechnik geht. Zumindest im Neubau, wo der Einfluss auf die gesamte Heizungsanlage noch gegeben ist, punktet der Brennwertkessel durch den mittlerweile günstigen Anschaffungspreis, eine ausgewachsene Technik und erstklassige Verbrauchswerte. Im Bereich der Kesselerneuerung im Bestand ist sich mancher Anlagenmechaniker schon weniger sicher. „Das bringt ja nix, wenn die alten Heizkörper drin bleiben.“, hört man immer wieder. Oder das beliebte Argument: „Wozu den Mehraufwand treiben, wenn die alte robuste Technik des Standard- oder Niedertemperaturheizkessels doch 30 Jahre klaglos den Dienst versehen hat? Oder: „Bei einem Bestandgebäude reicht doch die Niedertemperaturtechnik, man beheizt ja schließlich kein Niedrigenergiehaus“. Sind diese Argumente Kappes oder ist letztlich doch ein Quäntchen Wahrheit an diesen „Fachthesen“?
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Auf wie viel kann ich verzichten?
Um den Wert einer neuen Technik einschätzen zu können, sollte man sie mit dem Altbewährten vergleichen. Dabei geht es nicht um Rechenspielchen der Kesselhersteller sondern um knallharte Fakten. Hat der Schornsteinfeger den alten Gaskessel eines Hauses mit beispielsweise 11 % Abgasverlusten gerade noch abgenickt, so betragen die echten Verluste immerhin 22%. Wen selbst diese Zahl noch nicht schreckt, der kann kurz weiter rechnen. Bei einem Jahresverbrauch von 2000 Kubikmetern Erdgas für die Heizung sind es 440 Kubikmeter, die unnötig zum Schornstein hinaus geblasen werden. Grund genug, diese heiße Technik weiter zu verfolgen.
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Echte oder unechte Verluste
Wenn tatsächlich 22 % eingespart werden, dann müsste es die Brennwerttechnik rein rechnerisch erlauben, demnächst Brennstoff vom Keller aus in das Gasnetz des Versorgers einzuspeisen oder in den Öltank zurück zu pumpen. Denn selbst für die eben genannte Altanlagen mit einem hohen und daher miserablen Abgasverlust von 11 % würde sich ja folgende Rechnung ergeben: Die Differenz der Verbesserung, also 100 % minus 11 % (Verluste) plus 22 % (Verbesserung), müsste doch ein Plus von 11 % an Energie ergeben. Das dies nur rechnerisch funktioniert liegt an der historisch bedingt falschen Basis. Die Abgasverluste nach BImSchV also jene eben genannten 11 %, haben nicht den Brennwertnutzen im Fokus, sondern den des Heizwertes. In Altanlagen war dieser Ansatz ehemals auch realistisch. Eine Brennwertanlage macht ja nichts anderes als die Abgase eines Kessels soweit herunter zu kühlen, bis der darin enthaltene Wasserdampf flüssig vorliegt. Dieser erhebliche Energieanteil im Abgas konnte aufgrund der Kesselbeschaffenheit früher nicht genutzt werden. Die Korrosion durch dieses Tauwasser hätte den herkömmlichen Kessel alter Bauart binnen Kürze zerstört. Folglich war die Basis einer Energieausbeute aus Öl oder Gas dessen Energiegehalt ohne die darin enthaltene Kondensationswärme. Mittlerweile bleiben geeignete Kesselmaterialien der Brennwertgeneration von Heizkesseln unbeeindruckt von dem Kondensat, welches anschließend literweise aus ihnen heraustropft. Die historische Basis, also ohne die Verdampfungswärmeanteile, ist damit überholt und wird sicher bald angepasst. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Ausbeute an Energie aus einem Brennwertgerät bis zu 22 % höher liegen kann als in einem konventionellen Kessel. Die falsche Basis verschleiert diesen Faktor zurzeit noch.
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Brennwert
Der Brennwert eines Brennstoffes gibt die Wärmemenge an, die bei Verbrennung und anschließender Abkühlung der Verbrennungsgase auf 25 °C, sowie deren Kondensation, freigesetzt wird.
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Heizwert
Der Heizwert eines Brennstoffes gibt die Wärmemenge an, die bei Verbrennung und anschließender Abkühlung der Verbrennungsgase auf 25 °C, freigesetzt wird ohne die im Wasserdampf des Abgases enthaltene Wärmemenge zu berücksichtigen.
Voraussetzung für Kondensatanfall
Der Imagewechsel des Kondensats vom Fluch für den Kessel zum Kennzeichen für eine effektive Verbrennung ist also der fortschreitenden Heizkesseltechnik zuzuschreiben. Aber die reine Montage eines Brennwertkessels reicht natürlich nicht aus um den entsprechenden Nutzen aus dem Gerät herauszukitzeln. Die Temperatur des Abgases muss den Schwellenwert für die Kondensation natürlich unterschreiten. Das bedeutet bei dem Einsatz von Erdgas und seinem hohen Anteil an Wasserstoff als brennbaren Bestandteil, dass eine Temperatur von 57 °C unterschritten wird. Beim Heizöl ist deutlich weniger Wasserstoff an der Verbrennung beteiligt. Folglich entsteht auch weniger Wasser bei der Verbrennung und das Abgas muss weiter runtergekühlt werden, genauer auf 47 °C. Letztlich ist also nach der Verbrennung von Heizöl weniger Wasser im Abgas und dies muss zur Kondensation auch noch deutlicher weiter runtergekühlt werden. Das macht die Sache gegenüber dem Erdgas nicht unbedingt interessanter. Sparsamer ist die Brennwertnutzung aber gegenüber der konventionellen Technik der wölkchenbildenden Niedertemperaturkonkurrenz für beide Brennstoffe, also Erdgas und Heizöl, allemal. Beim Verbrennen von Heizöl kommt jedoch noch erschwerend hinzu, dass die enthaltenen Schwefelanteile im anfallenden Kondensat für eine Korrosivität sorgen, da eine Säure entsteht. Diese ist entsprechend schwieriger zu behandeln als das nur wenig saure Kondensat einer Erdgasverbrennung. Für beide Verbrennungen gilt natürlich, dass eine geeignete Wärmetauscheroberfläche das Abgas auf die Kondensationstemperatur kühlt.
Auf die Rücklauf-Temperatur kommt es an
Man stelle sich vor: Eben noch wurde im Kesselraum eine über 1000 °C heiße Flamme genutzt, um den Wärmetauscher zu erwärmen. Und am Ende sollen Wassertröpfchen aus dem Brennraum rinnen; ein kühnes Ziel. Die „kühlste“ immer wiederkehrende Temperatur eines Kessels ist die Rücklauftemperatur der Heizung. Diese muss also zwangsläufig so niedrig sein, dass das Abgas, welches man an diesem Wasserfluss entlang führt, seine Temperatur auf die genannten 57 °C oder gar 47 °C herabsetzt. Die Temperatur des Rücklaufs sollte rund fünf bis zehn Grad unter der angestrebten Abgastemperatur liegen, nur dann ist die Abkühlung des Abgases in ausreichend kurzer Zeit möglich. Bei einer neuen Heizungsanlage ist der SHK´ler der Herr der Temperaturen. Er kann entsprechend niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen für die Heizkörper einplanen oder bestenfalls sogar eine Fußbodenheizung einbauen. Diese käme mit sehr niedrigen Temperaturen aus und würde den Brennwerteffekt am stärksten herausstellen. Anders sieht es da natürlich bei einem Kesseltausch in einem bestehenden Gebäude aus. Unterstellt man hier eine gewählte Auslegung eines Heizköpers mit 70 °C im Vorlauf bei einer Rücklauftemperatur von 55 °C dann scheint ja erstmal keine Chance für den Brennwertkessel zu bestehen. So wird auch in Fachkreisen gerne argumentiert. Man jammert: „Was nutzt es, wenn der Heizkörper auf 70/55 ausgelegt ist und der Kessel eine Brennwertgerät ist? Der Heizkörper wird ja dann nie richtig warm!“ Fakt ist, der Heizkörper ist für den Auslegungsfall vielleicht mit 70/55 ausgelegt worden.
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Bei Eiseskälte mal kein Brennwertbetrieb
Der Auslegungsfall von meistens minus 12 Grad Celsius Außentemperatur tritt aber nur sehr selten und dann nur für kurze Zeit ein. In der restlichen und überwiegenden Heizzeit benötigt der Heizkörper deutlich geringere Temperaturen. Und meistens ist die Voraussetzung für einen gesunden Brennwertbetrieb über lange Zeitstrecken des Jahres gegeben. Nur an den entsprechend kältesten Tagen des Jahres fährt dann auch der Brennwertkessel seinen eigentlichen Möglichkeiten davon und schraubt die Temperaturen auf kondensatuntaugliche 70 °C; das kann er nämlich auch. Eine Heizkurve macht diese heizungstechnischen Zusammenhänge sehr schön deutlich. Die Legende von den unbedingt zu vergrößernden Heizflächen ist damit widerlegt. Möchte man jedoch ganzjährig das Wasser unter dem Brennwertgerät tröpfeln sehen, also auch an den bitterkalten Tagen, spricht technisch natürlich nichts dagegen die Heizkörper zu vergrößern oder gar eine Fußbodenheizung zu installieren. Die Wirtschaftlichkeit solcher gesamtheitlichen Ansätze sollte man dabei aber nicht aus den Augen verlieren. Ebenso ist die Leidensfähigkeit eines Kunden, was den drohenden Umbau angeht, in Betracht zu ziehen. Wer will schon gerne in allen Räumen das Auswechseln von Heizkörpern miterleben, geschweige denn den Einbau einer Fußbodenheizung in einem bewohnten Haus? Zusammenfassend kann also unterstellt werden, dass eine Brennwertanlage im Tausch für eine Altanlage in den meisten Fällen lohnenswert ist, für den Kunden und den SHK-Betrieb gleichermaßen.
Für den Wechsel zur Brennwertanlage spricht auch der Umstand, dass viele Eigenheimbesitzer ihr Häuschen zwischenzeitlich einer Sanierung unterzogen haben. Oft sind die alten Fenster gegen neue mit besseren U-Werten getauscht worden. Die Heizkörper sind meistens dieselben geblieben. Damit sind diese natürlich nach der Fenstersanierung in der Lage das Haus bereits mit geringerer Vorlauftemperatur warm zu kriegen. Der Brennwerteffekt wird hier quasi durch die neuen Fenster begünstigt. Handwerkliche einwandfreie Arbeit bedeutet auch immer den hydraulischen Abgleich der Heizung sicherzustellen. Dies gilt natürlich auch für eine Brennwertanlage. Beachtet man diese Feinheiten nicht, kommt der Kunde im Zweifel gar nicht auf seine ökologisch und ökonomischere Betriebsweise der Heizung, weil zu schnell durchströmte Heizkörper den möglichen Brennwertnutzen wieder zunichte machen. Als SHK´ler hat man letztlich einen sehr verantwortungsvollen und weitgefächerten Auftrag für den Kunden und die Wirtschaftlichkeit seiner Anlage zu sorgen. Nebenbei soll er natürlich noch die Umweltbelastungen gering halten. All das ist bei entsprechender Installation eines Brennwertgerätes möglich.