Pfropfen aus Luft?
Eine Heizungsanlage treibt heißes Umlaufwasser durchs Gebäude und erwärmt damit die Heizflächen. Wichtig ist , dass die Umwälzpumpe ein entsprechendes Medium, nämlich Wasser transportiert. Luft ist dabei eher hinderlich.
Mit 21 Prozent Sauerstoff und annähernd 79 Prozent Stickstoff arbeitet sich ein Teil der Luft im Heizungssystem an den Innenoberflächen ab. Der reaktionsfreudige Sauerstoff oxidiert beispielsweise die Stahlwandungen von Heizkörpern. Irgendwann ist der Sauerstoffanteil erschöpft und es bleibt Stickstoff übrig. Dieser Stickstoff bereitet im Zweifel weitere Probleme. Die Anlagen, an denen solche Probleme entstehen sind aus der Praxis hinreichend bekannt. Was dort geschieht und wie man Abhilfe schafft behandelt dieser Bericht.
Luft durch Füllen
Schon bei der Füllung einer Heizungsanlage wird Luft eingetragen. Diese ist nämlich gelöst im normalen Trinkwasser. Abhängig von Druck und Temperatur kann Wasser die Luft lösen. Je geringer der Druck auf das Wasser ist desto geringer ist das Lösevermögen. Ein Vakuum über einer Wasseroberfläche würde also die Luft gewissermaßen heraus saugen. Und je höher die Temperatur des Wassers ist, desto geringer ist wiederum das Lösevermögen. Kochendes Wasser in einem Topf hat also einen geringeren Luftanteil gelöst als das kalte Frischwasser aus der Küchenarmatur vor der Erwärmung. Grundsätzlich kann man also festhalten, dass jeder Füll- und Nachfüllvorgang einer Heizungsanlage einen Lufteintrag darstellt.
Im normalen Betrieb einer Heizungsanlage dehnt sich das Wasser bei Erwärmung aus und zieht sich bei Abkühlung wieder zusammen. An kalten Wintertagen beträgt die Temperatur im Vorlauf vielleicht 70 °C während ein milder Herbsttag nur 40 °C auf den Plan ruft. Der Volumenunterschied wird bei korrekt in Betrieb genommenen Anlagen durch das Membranausdehnungsgefäß aufgefangen (wir berichteten in Ausgabe 03/11, bequem nachzulesen im Netz unter SBZ-Monteur). Der richtigen Dimensionierung und Inbetriebnahme kommt hier eine große Bedeutung zu. Sowohl ein zu geringer als auch ein zu hoher Vordruck wirken sich im Zweifel auf den Lufteintrag aus. Falsche Vordrücke mindern das Aufnahmevermögen des Gefäßes. In der Folge kann Lufteintrag die Anlage immer wieder stören.
Luft als Störenfried?
Der Luftsauerstoff arbeitet sich meistens an den Stahlwandungen der Heizungsanlagenkomponenten ab. Bei geringen Lufteintragsmengen halten Anlagen dies problemlos über viele Jahrzehnte aus. Ständiger Lufteintrag kann die Korrosion jedoch bedenklich beschleunigen. Aber auch der noch verbleibende Stickstoff in der Anlage bietet Anlass zum Ärger. Während also eine kalte Anlage im Sommer noch relativ viel des eingeschlossenen Stickstoffs lösen kann, wird dieser Stickstoff während der Heizperiode dann doch abgegeben. Dieses leichte Gas steigt dann gewöhnlich in der Anlage nach oben. In Problemanlagen ist der am höchsten gelegene Heizkörper der Sammler für diesen Stickstoff. Dort gluckert es dann und der Heizkörper lässt sich nicht mehr komplett erwärmen. Dieses Phänomen eines Luftpfropfens ist bekannt und wird in der Regel durch Entlüftung dieses Heizkörpers oder des jeweiligen Anlagenabschnitts und durch das Nachfüllen des Heizsystems behoben.
Luftpfropfen?
Es stellt sich die Frage, wie Luft oder auch nur Stickstoff eine Barriere für das Wasser darstellen können. Dazu bringt folgendes Gedankenexperiment sehr schnell Licht ins Dunkle.
Szenario I: Die Umwälzpumpe einer vollgefüllten Anlage wird in Betrieb genommen. An dem höchst gelegenen Heizkörper wird der Rücklauf verschlossen. In der Folge drückt die Pumpe mit aller Macht gegen diese Absperrung. Das inkompressible (nicht zusammendrückbare) Wasser gibt den Impuls von der Pumpe direkt durch bis oben. Die Pumpenkennlinie sei bei dieser Betrachtung mal außen vor. Würde man die Rücklaufverschraubung dann öffnen, käme es zur geplanten Durchströmung des Heizkörpers. Auch eine winzige Luftblase in diesem Heizkörper würde diesen Vorgang nicht wesentlich beeinflussen.
Szenario II: Der Heizkörper aus dem Fallbeispiel I wird wiederum geschlossen. Jetzt sollen sich fünf Liter Luft des Systems in diesem Körper sammeln. Die Pumpe wird wiederum eingeschaltet Um den Druck im Heizkörper zu erhöhen, muss die Luft erst einmal komprimiert werden. Nach Einströmen von beispielsweise 2,5 Liter Wasser hat sich das Luftpolster auf die Hälfte (2,5/5 = 0,5)des Volumens komprimieren lassen. Es müssen also zuerst einige Liter Wasser in den Körper strömen um einen kräftigen Druckanstieg zu bewirken. Öffnet man wiederum das Ventil im Rücklauf, so findet die Durchströmung gegenüber dem Fallbeispiel I nur noch verzögert statt.
Szenario III: Im abgesperrten Heizkörper sammelten sich bereits zehn Liter Luft. Nach Einströmen der bereits genannten 2,5 Liter Wasser hat sich das Luftpolster um ein Viertel (2,5/10 = 0,25) des Volumens komprimieren lassen. In der Folge erhöht sich der Druck durch einströmendes Heizungswasser nur sehr verspätet. Die Durchströmung gegenüber den zuvor genannten Beispielen stellt sich also beim Öffnen des Rücklaufs noch stärker verzögert dar.
Prüfbare Thesen?
Wer diese Zusammenhänge überprüfen möchte, der nehme sich eine normale medizinische Spritze und fülle diese blasenfrei mit Wasser. Hält man nun den Auslass der Spritze mit dem Daumen verschlossen, und drückt den Kolben mit einer Gewichtskraft von 2 Kilogramm (entsprechend 20 Newton), zeigt sich die Inkompressibilität an dem unbewegten Kolben. Füllt man diese Spritze nun zu drei Viertel mit Wasser sowie einem Viertel mit Luft und wiederholt den Versuch, so taucht der Kolben minimal in den Hohlraum der Spritze. Füllt man die Spritze nur zur Hälfte mit Wasser und ist die andere Hälfte luftgefüllt, so taucht der Kolben bei sonst gleicher Belastung deutlich tiefer in den Hohlraum. Bei gleicher Gewichtsbelastung die letztlich über den Kolbenquerschnitt einen Druck ausübt, drückt sich der Kolben unterschiedlich tief in den Hohlkörper. Ein identischer Druck verursacht drei unterschiedliche Reaktionen abhängig von dem Luftpolster im Hohlkörper der Spritze.
Folgen fürs Pumpen
Bei einer luftfreien Vollfüllung des Heizungssystems muss die Umwälzpumpe keine Luftpolster zusammenschieben. Die Arbeit der Pumpe erstreckt sich also nicht auch noch auf das Komprimieren von Gas, sondern beschränkt sich dabei auf das Fördern des inkompressiblen Wassers. Die Heizkörper stehen unter vollem Durchfluss und geben die entsprechende Leistung ab. Werden jedoch allmählich kleine Luftpolster aufgebaut, muss die Pumpe neben der eigentlichen Förderung des Heizwassers auch die Luft zusammenpressen. Jeder Liter an Heizungswasser, welcher sich von der Pumpe in den Heizkörper drückt verursacht in der Folge eine immer geringere Druckanstieg im Körper. Erst nach der Kompression der Luft wird der Bewegungsimpuls an das Wasser weiter geleitet. In der Folge wird ein Heizkörper in dem sich die Luft des Systems sammelt immer geringer durchströmt.
Problemlösungen
Zuerst ist es wichtig den Eintrag von Luft weitestgehend zu vermeiden. Das bereits angesprochene Ausdehnungsgefäß ist die häufigste Fehlerquelle in den bestehenden Anlagen. Daher kann man bei einer Überprüfung zuerst an dieser Stelle ansetzen und die ausreichende Größe sowie die sinnvolle Befüllung des Gefäßes prüfen. Undichte Stellen sollten als nächster Schritt untersucht werden. Dabei sollte beachtet werden, dass wasserdicht nicht gleich luftdicht bedeutet. Und entgastes Heizungswasser ist gierig nach Luft und zieht diese durch die kleinsten Ritzen ins System. Als weitere Maßnahme in Problemanlagen lassen sich auch noch zusätzlich Entlüftungseinrichtungen installieren. Welche das sein können steht unter anderem in Ausgabe 09/10 und ist ebenfalls bequem nachzulesen im Netz unter SBZ-Monteur.