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Dinosaurier der Heiztechnik

Wie funktioniert eigentlich ...eine Dampfheizung

Ein Spezialgebiet der Heizungstechnik stellt die Versorgung mit Dampf dar. Während dieser zur Raumbeheizung fast überall von der Warmwasserheizung abgelöst wurde, ist die Dampfheizung für Produktionsprozesse und zur Hallenbeheizung noch lange nicht ausgestorben.

Der Heizungsbauer hat überwiegend mit Niederdruckdampf (NDD) zu kämpfen. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Betriebsdruck von 0,5 bar normalerweise nicht überschritten wird. Um diese Anlagen geht es in diesem Bericht.

Es gibt sie noch, die Anwendungen für Dampf, nicht nur für Nostalgiefans.
Es gibt sie noch, die Anwendungen für Dampf, nicht nur für Nostalgiefans.

Unterschied zur Warmwasserheizung

Grob betrachtet wird bei einer Dampfheizung in einem speziellen Dampfkessel Wasser durch Erwärmen verdampft. Dabei entsteht zuerst Nassdampf, welcher noch flüssige Wasserteilchen enthält. Man kann dies mit der Luft im Badezimmer nach einer heißen Dusche vergleichen. Wird der Nassdampf weiter erhitzt, so, dass nur noch gasförmiger Wasserdampf vorliegt, dann spricht man von Sattdampf. Physikalisch gesehen handelt es sich dann um ein Gas, welches unsichtbar ist. Wird der Dampf über die Verdampfungstemperatur hinaus erhitzt, handelt es sich um Heißdampf. Um ein Kondensieren des Dampfes während des Transports und den damit einhergehenden Energieverlust zu minimieren kann Sattdampf in einem Nacherhitzer über den Siedepunkt hinaus erwärmt werden.

Namhafte Kesselhersteller liefern nach wie vor Dampfkesselanlagen und in der 
Regel auch das nötige Know-how
(Bild: Viessmann)
Namhafte Kesselhersteller liefern nach wie vor Dampfkesselanlagen und in der Regel auch das nötige Know-how (Bild: Viessmann)

Gehaltvoll

Vergleicht man den Wärmeinhalt von einem Kilogramm 100 °C heißem Wassers mit der gleichen Masse 100 Grad heißem Dampf so stellt man fest, dass der Dampf fast sechsmal so viel Energie enthält. Dies bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass für den Transport einer bestimmten Energiemenge nur ein Sechstel an Masse bewegt werden muss. Ein weiterer Unterschied besteht im Transport des Wärmeträgers. Da Wasserdampf ein 1600-mal höheres Volumen hat als flüssiges Wasser entsteht beim Kondensieren ein Druckunterschied. Dieser Unterschied reicht aus um den Dampf zum Verbraucher zu transportieren. Liegt der Dampfverbraucher tiefer als der Dampferzeuger muss lediglich das anfallende Kondensat mittels Pumpen zurück in den Speisewasserbehälter des Kessels gepumpt werden.

Vorsicht geboten

Der Volumenunterschied zwischen Wasser und Wasserdampf birgt neben dem immensen Energiegehalt und der resultierenden Agilität aber auch große Gefahren. Bereits bei der Installation muss darauf geachtet werden, dass die Dampfleitung, anders als die Rohre bei einer Warmwasserheizung, immer mit Gefälle in Fließrichtung verlegt werden. Das stellt sicher, dass das im Verteilnetz anfallendes Kondensat mit dem Dampf zum nächsten Kondensatableiter gelangen kann. Würde die Leitung mit Steigung verlegt werden, könnte das Kondensat nicht gut ablaufen, weil es vom Kondensat bergauf geschoben würde. Im schlimmsten Fall würden Dampfschläge entstehen wenn das Kondensat an den heißen Rohrwandungen wieder verdampft und sich ausdehnt. Durch diese besondere Verlegeart nimmt eine lange Dampfleitung die Form eines Sägeblattes an. Eine weitere Quelle für Dampfschläge sind vom Dampf mitgerissene Wassertropfen. Der Dampf strömt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 90km/h durch die Rohrleitung. Durch die größere Masse der Wassertropfen kann es bei Richtungswechseln und in Armaturen zu metallische klingenden  Schlägen kommen. Durch solche Dampfschläge können kurzzeitig Drücke bis 100 bar auftreten. Zusätzlich schwächen die Erschütterungen noch das Material. Da Gase, zu denen auch Dampf zählt, anders als Flüssigkeiten kompressibel sind, ist beim unter Druck stehenden Dampf eine hohes Potenzial an mechanischer Energie gespeichert, ähnlich wie in einer gespannten Feder. Der Umstand kann bei einem Rohrbruch dazu führen, dass der Dampf mehrere Meter weit mit großer Kraft ausströmt. Da die Temperatur des Dampfes in der Regel über 100°C liegt, sind bei Kontakt innerhalb kürzester Zeit schwerste und großflächige Verbrennungen die Folge, die tödlich enden können. Eine weitere, nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle ist der Dampferzeuger selbst. An diesem muss sichergestellt sein, dass der Wasserstand immer über dem Vorverdampfer steht. Wenn die Heizfläche im Kessel nicht mehr ausreichend mit Wasser bedeckt ist können bei weiterem Wärmenachschub an ihrer Oberfläche schnell Temperaturen von mehreren hundert Grad auftreten. Sollte dann Kondensat auf diese heißen Flächen treffen kommt es beim plötzlichen Verdampfen zu einem gewaltigen Druckanstieg im Kessel und im schlimmsten Fall zu einem Kesselzerknall. In modernen Anlagen verhindern aufwendige Kontrollmechanismen diese Grenzzustände.

Zur Bierherstellung, hier die Sudpfanne der Brau Union Österreich, wird 
ebenfalls gerne Dampf eingesetzt
(Bild: Pressebox)
Zur Bierherstellung, hier die Sudpfanne der Brau Union Österreich, wird ebenfalls gerne Dampf eingesetzt (Bild: Pressebox)

Besondere Bauteile

Dampfkessel fallen besonders durch die Vielzahl an Armaturen und Sensoren auf. Anders als beim Warmwasserkessel ist bei Dampfkesseln nicht die Temperatur sondern der Druck die Regelgröße für die Wärmeanforderung an den Brenner. Seitlich am Kessel ist ein Schauglas angebracht, an welchem man den aktuellen Wasserstand direkt ablesen kann, und an dem der niedrigste Wasserstand markiert ist. Neben dem Kessel steht normalerweise eine Wasserenthärtungs- und ggf. eine Entgasungsanlage. Da der im Wasser enthaltende Kalk sich im Dampferzeuger absetzen würde kommt nur enthärtetes Wasser zur Nachspeisung zum Einsatz. Durch die Wasserenthärtung mittels Ionenaustausch wird aber der Salzgehalt des Wassers erhöht, was ein regelmäßiges Absalzen erforderlich macht. Um die Absalzung bedarfsgerecht steuern zu können wird der Salzgehalt des Kesselwassers gemessen. Im unteren Bereich des Kessels befindet sich zusätzlich ein sogenanntes Abschlammventil, welches regelmäßig automatisch geöffnet wird. Durch stoßartiges Öffnen wird der, bei der Dampferzeugung anfallender Schlamm aus dem Kessel gespült. In der Nähe des Kessels ist in der Regel der Speisewasserbehälter platziert. Das anfallende Kondensat wird zuerst in diesem gesammelt und bei unterschreiten des Sollwasserstands mittels der Speisewasserpumpe in den Kessel zurück gepumpt. Auf dem Kessel befindet sich neben dem Sicherheitsventil und den Wasserstandssensoren auch noch ein Entlüftungsventil. Insbesondere nach einem Anlagenstillstand befindet sich Luft im Kessel und in den Rohrleitungen. Da diese den Dampffluss bis hin zum Stillstand behindern kann müssen Kessel und Rohrleitungen entlüftet werden. Die Entlüfter in Dampfanlagen arbeiten thermisch, das heißt sind die Ventile kalt, öffnen sie sich, werden sie durch den Dampf heiß, schließen sie. Ebenfalls unerlässlich sind die Kondensatableiter. Wie bereits beschrieben, ist es für einen sicheren und störungsfreien Betrieb von besonderer Bedeutung, alle Dampfleitungen frei von Kondensat zu halten. Dazu bedient man sich teils thermischer Kondensatableiter welche ähnlich wie die Luftabscheider arbeiten, dann jedoch das kältere Kondensat durchschleusen oder mechanische, welche wie ein Schwimmerventil funktionieren.

Die Kondensatableitung bedarf einigen technischen Aufwand
(Bild: Armaturen Service Nord)
Die Kondensatableitung bedarf einigen technischen Aufwand (Bild: Armaturen Service Nord)

Energieeffizienz

Dampfheizungsanlagen müssen immer mit einer sehr hohen Temperatur betrieben werden, was sich letztlich auch negativ auf die Energieeffizienz auswirkt. So sind die Abgastemperaturen in der Regel deutlich höher als bei Warmwasserheizkesseln. Um trotzdem einen akzeptablen Wirkungsgrad zu erreichen und den steigenden Energiepreisen entgegenzuwirken werden sogenannte Abgaswärmetauscher eingesetzt. Diese erwärmen das Speisewasser, bevor es zurück in den Kessel gepumpt wird. Trotzdem wird eine Warmwasserheizung immer effizienter bleiben, als der Dampfdinosaurier. Durch die hohen Mediumtemperaturen von über 100°C sind die Verluste durch Rohrleitungen und Armaturen trotz Dämmung erheblich höher als bei einem 40°C warmen Heizungsvorlauf. Ein weiterer Nachteil der Dampfheizung sind die hohen Oberflächentemperaturen  von Heizkörpern, eine insbesondere in der Übergangszeit schlechte Regelbarkeit der Raumtemperatur sowie die Geruchsbelästigung durch Staubverschwehlungen an den Heizflächen. So beschränkt sich der Einsatz der Dampftechnik heute auf Spezialanwendungen in denen sehr große Wärmemengen und eine hohe Temperatur benötigt werden, oder der erzeugte Dampf direkt verbraucht wird, zum Beispiel zur Sterilisation von medizinischen Instrumenten oder um Holz zu verformen.

Autor

Martin Streich aus Hamm ist Installateur- und Heizungsbauermeister und befasst sich unter anderem mit der Hydraulik von Heizungsanlagen.

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