Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
WERBUNG
WERBUNG
WERBUNG

1 Kilo Watt, Kilowatt oder Kilowattstunde?

Inhalt

Leistung und Energie

Hört man den Kollegen zu, die sich über die Einheit Watt unterhalten, ist der tiefe Sinn zeitweise nur schwer zu entdecken. Insbesondere wenn es um das Thema Energie oder Leistung oder schlimmstenfalls um beides geht, werden Watt und Wattstunden in scheinbar beliebiger Zusammenstellung gewählt. Dahinter stecken oft Denkfehler und, was noch gravierender scheint, auch falsche Schlüsse.

Bestimmt mehr wie 1 Kilo Watt
Bestimmt mehr wie 1 Kilo Watt

Der gute alte James Watt, zu dessen Ehren die Einheit benannt wurde, hat sich wohl schon früher viele Gedanken über die anschauliche Darstellung von Leistung gemacht. Jedenfalls etablierte er die Einheit „Horsepower“, also Pferdestärke, um seinen Mitmenschen zu verdeutlichen was in den von ihm verbesserten Dampfmaschinen steckte.

Eine Vorstellung von Power

Später erst wurde die Einheit Watt in das Internationale Einheitensystem, abgekürzt SI (von frz.: Système international d’unités) übernommen. Bezeichnet wird mit der Einheit Watt die Leistung. Aus unserem Dunstkreis ist bekannt, dass etwa ein relativ kleiner Kessel eine Leistung von z. B. 20000 Watt (20 kW) ein Durchflusswasserheizer etwa 21000 Watt (21 kW) oder der Wagen vom Chef 150 kW (150000Watt) haben können. Wiederum reicht bei einem Baustrahler die Leistung von vielleicht 1000 Watt (1 kW) um den dunklen Baukeller zu erhellen. Die jeweilige Leistung lässt uns erahnen welche Möglichkeiten in dem Kessel stecken, um die Heizkörper in dem Zweifamilienhaus zu erwärmen, oder wie flott das Duschwasser im „Durchlauferhitzer“ temperiert wird. Ebenso wissen wir, dass der Chef, wenn er denn mal wieder auf dicke Hose macht, die Pelle mit 150 kW kreisen lassen kann, also etwas mehr als 200 PS. Und in den eingeschalteten Baustrahler schauen wir nur ungern direkt rein, hingegen ist Omas sparsame Nachttischlampe mit 25 Watt-Lampe eher funzelig. Man kann also aus seinem Erfahrungsschatz auf eine gewisse Auswirkung von angegebener Leistung schließen.

.

.

Joule zieht den Kürzeren

Wie aber kommt man dann dazu, die Einheit Watt mit dem Faktor Stunde zu verunstalten? Eigentlich ist die Einheit Wattstunde gar nicht im internationalen Einheitensystem enthalten. Energie wird laut SI-System in Joule angegeben und keinesfalls in Wattstunden. Der Grund, warum das bedauernswerte Joule in Deutschland keine Chance hatte, liegt in den Lebensumständen begründet. Wenn wir vor unserem geistigen Auge den Baustrahler mit 1000 Watt Leistung zum strahlen bringen und diesen Strahler eine Stunde lang betreiben, wird nach Ablauf dieser Stunde auch 1000 Wattstunden oder eben die berühmte Kilowattstunde auf dem Stromzähler als Energieverbrauch angezeigt werden. Der Bezug zu Joule wäre zu abstrakt und in der Praxis sehr schwer nachvollziehbar. So vermuten die wenigsten, dass dem 1000-Watt-Baustrahler nach einer Stunde 3600000 Joule an elektrischer Energie übertragen wurden. Auf dem Stromzähler könnte man dann 3,6 Megajoule aufzählen, aber das würde das Verständnisproblem nicht lösen.

Der Bezug der Wattstunde (Wh) als Einheit für Energie ist also pragmatisch und wird auch unter Fachleuten akzeptiert.

.

.

.

Bezeichnungs-Eselsbrücken

Wie schon oft bei Namensähnlichkeiten, so auch hier, geht es häufig leider wild durcheinander. Da hat die Solaranlage eine Leistung von 6 Kilowattstunden, während die Ernte der Photovoltaik-Anlage jährlich rund 800 kW betragen hat. Die Abwärme der Kühlanlage beträgt 30 Kilowattstunden, usw. Nicht, dass man zwanghaft auf Begriffen herum reiten sollte - aber in eine Besprechung unter Fachleuten oder mit dem interessierten Kunden gehört dieser Kram nicht. Es führt nicht nur zu Missverständnissen, sondern auch zur Abwertung der jeweils zugesprochenen fachlichen Kompetenz. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, folgenden Denkprozess zu verinnerlichen um endgültig Leistung und Energie getrennt herzuleiten.

Ein Liter Heizöl hat den Energiegehalt von rund 10 kWh. Dieser eine Liter steht zur Verfügung um in einem Ölkessel verbrannt zu werden. Je höher die Leistung des Kessels ist, desto schneller ist dieser eine Liter an Heizöl verbraucht. Dies sagt eigentlich schon der gesunde Menschenverstand.

A) Im ersten Testkessel ist dieser eine Liter nach genau einer Stunde verbraucht.

10 kWh / 1 h = 10 kW

Dieser Kessel wird also mit einer Leistung von 10 kW betrieben.

B) Der zweite Kessel verbrennt diesen gleichen Liter an Heizöl bereits innerhalb einer halben Stunde.

10 kWh / 1/2 h = 20 kW

Der Kessel wird also mit einer Leistung von 20 kW gefahren.

C) Der dritte Kessel verbrennt diese immer noch gleiche Heizölmenge bereits innerhalb einer viertel Stunde.

10 kWh / 1/4 h = 40 kW

Der Kessel wird mit einer Leistung von 40 kW belastet.

D) Der vierte (und letzte) Kessel verbrennt einen Liter an Heizöl innerhalb einer Minute (1/60 h).

10 kWh / 1/60 h = 600 kW

Der Kessel wird belastet mit einer Leistung von 600 kW.

Jeweils gleich blieb vor dem geistigen Auge der Liter Heizöl und damit das Potenzial, also die Energiemenge von 10 kWh. Abhängig von der Zeit zur Verbrennung des Heizöls, also der Nutzung dieses Potenzials, ergibt sich eine konkrete Leistung. Diese Gedankenbrücke ermöglichte die Herleitung der Leistung aus einer vorgegebenen Energie.

Andersherum hat sich folgendes Gedankenexperiment als gut erwiesen:

Ein 1000-Watt-Heizkörper bleibt unter Volllast eine Stunde in Betrieb und wird dann abgeschaltet. In dieser Zeit hat der Heizkörper

1000 W x 1 h = 1000Wh oder 1kWh

verbraucht. Würde dieser Heizkörper zehn Stunden unter Volllast betrieben, so würden

1000 W x 10 h = 10000Wh oder 10kWh

verbraucht.

Sind beide Gedankenexperimente verinnerlicht, führt dies zu einem sehr eleganten Umgang mit diesen Größen. Man kommt dann auch schnell auf die Tatsache, dass der Heizkörper mit 1000 Watt Leistung innerhalb von zehn Betriebsstunden die Energie verbraucht hätte, die in einem Liter Heizöl stecken.

.

.

Nutzen oder Klugscheisserei?

Abgesehen von dem Nutzen, dass die Unsicherheit im Umgang mit Leistung und Energie weicht, ist ein sicheres Auftreten in Fach- oder Kundengesprächen ein unschätzbarer Vorteil.

Ohne die Begriffe von Energie und Leistung zu verstehen,

• bleibt der Unterschied zwischen EnEV-Nachweis und Heizlastberechnung irgendwo im Nirwana. (Der EnEV-Nachweis erstellt Prognosen über den Verbrauch von Energie eines Hauses innerhalb eines Jahres. Also wie viel Liter Heizöl werden pro Jahr und pro Quadratmeter zur Beheizung benötigt (Bsp.: 7-Liter Haus). Die Heizlastberechnung hingegen bestimmt die Leistung eines Heizkörpers oder des Kessels.)

• ist Sinn, Unsinn und Dimensionierung eines Heizungsspeichers diffus im Nebel (Abhängig von der Energiemenge die gespeichert werden soll, kann das notwendige Speichervolumen ermittelt werden)

• sind jährliche Einspareffekte einer thermischen Solaranlage reine mathematische Größen. (Wenn pro Quadratmeter Kollektorfläche rund 350 kWh geerntet werden, so entspricht dies rund 35 Litern Heizöl)

• ist die Dimensionierung von Trinkwassererwärmungsanlagen ein Gedankenspiel für Leute mit ausgeprägtem Formelgedächtnis (Je nach erwartetem Verbrauch an warmen Wasser und der zur Verfügung stehenden Kesselleistung, wird die Trinkwassererwärmung dimensioniert. Trend: Hohe Kesselleistung führt zu kleinem Speicher)

• bleiben theoretische Jahresbrennerlaufzeiten reine Statistik (Angestrebte lange Brennerlaufzeiten lassen sich durch die angepasste Brennerleistung an die jeweilige Heizlast erreichen)

Immer, wenn abstrakte Begriffe das Leben schwer machen, werden Brücken zum Verständnis notwendig. Bilder hinterlassen in unseren Hirnarealen mehr Eindruck und sind weitaus nachhaltiger als reine Fakten. Ein Kännchen Öl, zur Abfackelung bereit, und die dabei entstehende Flamme gräbt sich tiefer ins Gedächtnis als die ausgeschriebenen Einheiten kg x m² / s³ dies tun. Die formelmäßige Herleitung alleine wird dieses Verständnis nicht liefern können. Wer weiß schon was eine Kubiksekunde so frisst und bei welchen Temperaturen diese üblicherweise gedeiht?

WERBUNG