Stell dir vor es brennt und keiner geht hin…
Dieses Gerücht wird in der letzten Zeit immer häufiger verbreitet. Nicht, weil die Feuerwehr kein Bock hat, sondern weil diese Helfer um ihre eigene Gesundheit bangen müssen.
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Gut, kann man da entgegnen, dass die Arbeit der Feuerwehr kein Urlaub auf dem Ponyhof ist, weiß man doch vorher. Aber es geht in diesem Bericht um eine unsichtbare Gefahr, die auf immer mehr Dächern in Deutschland lauert. Die Gefahr kann ebenso todbringend sein wie der Flash-Over beim Öffnen von Wohnungstüren. Die Rede ist von dem potenziellen Risiko, das von einer Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) im Brandfall ausgeht.
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Die knallharten Fakten
Es leuchtet ein, dass eine PV-Anlage Strom erzeugt. Das ist ihr Job. Die Feuerwehr kann also tagsüber davon ausgehen, dass diese schwarzen Scheiben über sämtliche Kabelverbindungen elektrischen Strom schicken. Nachts, wenn also die Sonne keinen photoelektrischen Effekt auslöst, steht die Feuerwehr aber auch nicht besser da. Denn der Löschtrupp arbeitet ja nicht in stockfinsterer Umgebung. Das Scheinwerferlicht, mit dem die Brandstelle üblicherweise ausgeleuchtet wird, ruft ebenso diesen Effekt hervor. Sogar der Mond hat genug Power, um Spannung in den Modulen zu erzeugen. Der Strom, der in den Anlagen entsteht, ist immer Gleichstrom und erreicht, durch das Zusammenschalten mehrerer Module eine Spannung von bis zu 1000 Volt. Wer schon mal mit feuchter Zunge an den Polen einer Neun-Volt-Batterie geleckt hat, kann sich nach diesem schlagartigen Erlebnis leicht ausmalen, wie es sich bei 1000 Volt anfühlen würde. Ab 120 Volt wird es für Menschen bereits gefährlich. Es ist also mehr als nur unangenehm. Die Stromstärke hängt allerdings von der Intensität der Einstrahlung ab. Ein schwacher Trost, wenn man in Feuerwehrtracht und mit Herzkammerflimmern von der modulgespickten Scheune zur Notaufnahme ins Krankenhaus gekarrt wird. Der Gleichstrom wird im normalen Betrieb zu den Wechselrichtern geschickt und dort zu haushaltsüblichem Wechselstrom umgemodelt. Und dieser wird dann ins Netz des Hauses oder ins öffentliche Stromnetz eingespeist.
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Einfach Abschalten!?
Der beste Weg ist es natürlich die Module abzuschalten. So, wie man jedes Kernkraftwerk in die Knie zwingen kann, legt man gedanklich auch den Schalter zwischen den PV-Modulen und Wechselrichter um und es wäre Friede geblasen. Schon beim bloßen Gedanken hieran entdeckt man die Krux in der Sache. Der photoelektrische Effekt merkt natürlich nichts vom umgelegten Schalter. Der Prozess läuft unverändert weiter. Selbst wenn man die einzelnen Module voneinander trennen würde (Kabelverbindung durchhacken) würde jedes Modul für sich noch Strom erzeugen. Erst wenn man die Module und deren einzelne Zellen voneinander trennt, reduziert sich die Spannung irgendwann auf ca. 0,5 Volt pro Zelle. Utopisch, der Gedanke, dass erst jemand mit der Spitzhacke die PV-Anlage kurz und klein hackt und erst dann die Löscharbeiten beginnen dürfen. Das ruft dann die Idee auf den Plan, mittels Beschattung der PV-Module die Stromproduktion zu unterbinden. Also großflächige und schwere Planen auf die Module fallen lassen und „gut is´“. Noch eleganter wird’s natürlich, wenn man einfach, gewissermaßen in Batman-Manier einen lichtundurchlässigen Schaumteppich auf die Module spritzt. Aber beide Hilfs-Szenarien haben bisher keinen praktikablen Erfolg gezeigt. Die Planen reichen oft von der Ausdehnung her nicht aus und behindern die Löscharbeiten. Der Schaum schafft zumindest bislang keine ausreichende Abnahme des elektrischen Stroms. Das Löschen von Bränden in unmittelbarer Nähe von PV-Anlagen birgt also zurzeit ein ernst zu nehmendes Risiko für die Feuerwehr.
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Der Umgang mit PV-Anlagen im Brandfall ist Sache der Profis. Aus diesem Grunde werden hier auch keine ausführlichen Empfehlungen zur Sache dargelegt. Nach dem Lesen dieses Berichts ist man ausdrücklich nicht eine ausgewiesene Hilfskraft für das Löschen von Gebäuden in unmittelbarer Nähe von PV-Anlagen. Nur ist es wichtig zur eigenen Sicherheit diese Phänomene zu kennen und sich entsprechend im eigenen Arbeitsumfeld zu verhalten. Denn auch auf den Anlagenmechaniker kommt der unmittelbare Kontakt mit diesen flach gewalzten Kraftwerken immer häufiger zu. Und zur Beruhigung derer, die PV-Module auf dem Dach haben sei noch erwähnt: Die Feuerwehr löscht natürlich trotzdem, aber eben noch ein bisschen vorsichtiger.