Wie kommt ein Vertrag zustande?
Der Abschluss von Verträgen begleitet uns täglich. Wir bemerken es oft nicht und doch passiert dies in scheinbar ganz banalen Situationen. Was also macht einen Vertrag aus und wie kann er geschlossen werden?
Unsere Rechtsordnung geht von der sogenannten Privatautonomie aus. Das bedeutet, dass jeder vertraglich mit anderen alles regeln kann, solange er sich innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen bewegt. Vertragsinhalt kann folglich fast alles sein, solange es nicht verboten oder sittenwidrig ist. Ein Vertrag setzt voraus, dass mindestens zwei Parteien daran beteiligt sind. Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrages sind dabei zwei in Bezug aufeinander abgegebene Willenserklärungen, Angebot und Annahme.
Erster Schritt
Zunächst muss also eine der Parteien ein Angebot unterbreiten. Unter einem Angebot versteht man eine empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der sich derjenige, der sie abgibt, vertraglich binden möchte.
Noch kein Angebot liegt vor, wenn ein Händler beispielsweise einen Prospekt verschickt (genauso Inserate im Internet oder in einer Zeitung/Zeitschrift schaltet), in dem verschiedene Produkte zu bestimmten Preisen abgebildet sind. Der Händler will sich dabei nämlich noch nicht insoweit binden, dass er jedem Kunden, der daraufhin bei ihm etwas kaufen will, auch tatsächlich etwas zu diesem Preis verkauft.
Ansonsten würde er sich nämlich schadensersatzpflichtig machen, wenn das Produkt bereits ausverkauft ist oder wenn sich der Preis in der Zwischenzeit erhöht hat. Folglich ist hierin lediglich eine Aufforderung an den anderen zu sehen, seinerseits ein Angebot abzugeben (juristischer Fachausdruck: invitatio ad offerendum).
Das Angebot muss (unverändert) angenommen werden. Im Grunde genügt ein schlichtes „ja“. Sollte der Vertragspartner das Angebot zu anderen Konditionen annehmen wollen, kommt der Vertrag nicht zustande. Eine veränderte Annahme stellt ein neues Angebot dar. Dieses Angebot muss wiederum von der Gegenseite angenommen werden. Das kann theoretisch beliebig oft so hin und her gehen.
Immer schriftlich?
Entgegen landläufiger Meinung muss ein Vertrag grundsätzlich nicht schriftlich geschlossen werden. Auch mündliche Verträge sind wirksam. Das zeigt sich bereits daran, dass man zum Beispiel auch an der Supermarktkasse mit dem Supermarktbetreiber einen Vertrag schließt. Man einigt sich nämlich darauf, dass das Eigentum an der Cola, dem Apfel oder woran auch immer, auf den Kunden übergehen soll. Der Mitarbeiter an der Kasse ist dabei der Vertreter des Supermarktbetreibers.
Allerdings gibt es von dieser Formfreiheit mancherlei Ausnahmen. Zum Beispiel müssen Verträge über den Kauf eines Grundstücks nicht nur schriftlich abgeschlossen werden, sondern sogar von einem Notar beurkundet werden. Beurkunden heißt, dass der Vertrag vom Notar schriftlich niedergeschrieben und dann den beteiligten Parteien vorgelesen werden muss. Die Parteien müssen den Vertrag sodann genehmigen und im Beisein des Notars eigenhändig unterschreiben. Grund dafür ist, dass der Kauf eines Grundstücks in der Regel sehr teuer ist. Sowohl Käufer als auch Verkäufer sollen von übereilten Käufen/Verkäufen abgehalten werden. Ihnen soll vom Notar bewusst gemacht werden, welche Konsequenzen ein solcher Kauf/Verkauf für sie hat. Deshalb müssen sie vom Notar vor der Beurkundung darüber aufgeklärt werden. Außerdem hat die Beurkundung eine Beweisfunktion.
Beweise sichern!
Die Beweisfunktion ist auch der Grund, weshalb es empfehlenswert ist, grundsätzlich alle Verträge (soweit im Alltag möglich) schriftlich abzuschließen. Ansonsten kann es zu einem späteren Zeitpunkt vielerlei Streitigkeiten in Bezug auf den Vertrag geben. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Gerichtsverfahren, in dem es darum geht, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde und wenn ja mit welchem Inhalt.
Besonderheiten
Ein Vertrag kann auch zwischen zwei Parteien zugunsten eines Dritten abgeschlossen werden. Das bedeutet, dass man mit einem anderen einen Vertrag darüber schließen kann, dass eine andere unbeteiligte Person von einem der Beteiligten etwas bekommt.
Zum Beispiel: Herr Bloom und Herr Depp schließen einen Vertrag darüber, dass Frau Knightley von Herrn Depp Wohnung eine neue Dusche installiert bekommt.
Was allerdings nicht zulässig ist, ist ein Vertrag zulasten eines Dritten. Das heißt, man kann einen Unbeteiligten zu nichts verpflichten.
Zum Beispiel: Herr Bloom und Herr Depp schließen einen Vertrag darüber, dass Frau Knightley dazu verpflichtet ist, Herrn Bloom ein Waschbecken abzukaufen.
Ein solcher Vertrag wäre unwirksam.
Es kann schon sehr überraschen, wann und wo Verträge geschlossen werden. Beim Bäcker, beim Schwimmbadbesuch und auch beim Fahren mit dem Bus.
Wie viele Verträge man wohl täglich abschließt?
Die Autorin