Trinkwasseranlagen müssen so konzipiert sein, dass sich die Qualität des Wassers im System nicht verschlechtern kann. Um einen Qualitätsverlust durch Eindringen von Nichttrinkwasser zu vermeiden, müssen an gefährdeten Entnahmestellen Sicherungsarmaturen eingebaut werden. Die Absicherungen sind mit der DIN 1988-4 [1] geregelt. Seit Mai 2001 steht mit der DIN EN 1717 [2] eine Norm zur Verfügung, die sich ebenfalls mit den Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers befasst. Beide Normen sind derzeit parallel gültig. Im ersten Teil dieses Beitrages wurden grundsätzliche Festlegungen beider Normen verglichen. Hier geht es nun darum, welche Unterschiede beim Einsatz der Sicherungsarmaturen bestehen.
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Funktion und Einbau der Sicherungseinrichtungen
Nur ein Teil der in Europa üblichen Sicherungsarmaturen wird in Deutschland eingebaut. Die Funktion dieser Sicherungseinrichtungen soll im Folgenden beschrieben und die Einbauregeln besprochen werden.
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Freier Auslauf – AA
Bei einem freien Auslauf AA mündet der Wasserzulauf in einem Abstand zum höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegel aus. Damit liegt eine freie Fließstrecke vor, die auch bei einer Unterdruckbildung im Rohrleitungssystem ein Rücksaugen von einmal aus der Wasserleitung ausgeflossenen Wassers verhindert. Mit der DIN 1988-4 wird geregelt, dass die Unterkante des Wasserzulaufes einen Abstand zum Nichttrinkwasserspiegel aufweisen muss, der dem doppelten Innendurchmesser des Zulaufrohres entspricht, in jedem Fall aber mindestens 20 mm beträgt. In der DIN EN 1717 wird hierfür ein Abstand verlangt, der dem dreifachen Durchmesser des Zulaufrohres entspricht. Dabei wird ein Mindestabstand nicht festgelegt. Besondere Sorgfalt muss bei Verwendung eines freien Auslaufes als Sicherungseinrichtung bei der Festlegung des höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegels gelegt werden. Da auch der Überlauf eines Behälters verstopfen kann, ist im Normalfall die Oberkante eines offenen Behälters (z. B. der Badewannenrand) als höchstmöglicher Nichttrinkwasserspiegel anzusehen. Allerdings ist zu prüfen, ob bei der bestimmungsgemäßen Benutzung der Anlage mit einer Schaumentwicklung zu rechnen ist. Steckt der vermeintliche freie Auslauf in einer Schaumkrone, könnte der Schaum bei Unterdruckbildung in die Leitung eingesaugt werden. Ist eine Schaumentwicklung nicht auszuschließen, dann muss als höchstmöglicher Nichttrinkwasserspiegel die Oberkante der zu vermutenden Schaumkrone angenommen werden
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Systemtrenner – BA
Der Systemtrenner ist in der DIN 1988-4 nicht zu finden. Er hat sich in den 90-er Jahren – fußend auf europäischen Entwicklungen – dennoch in deutschen Installationen seinen Platz erobert. Systemtrenner bestehen aus einer Vorkammer, einer Mittelkammer und einer Ausgangskammer. Zwischen den Kammern ist jeweils ein Rückflussverhinderer eingesetzt. Beim Durchströmen fließt Wasser zunächst in die Vorkammer. Dort (Zone 1) ist der Druck höher als in der Mittelkammer (Zone 2), dort wieder höher als in der Ausgangskammer (Zone 3). Der Druckabfall zwischen jeder Zone ist genau vorbestimmt. Sinkt der Vordruck, sodass Gefahr besteht, dass Wasser zurückgedrückt oder rückgesaugt würde, schließt der Rückflussverhinderer zwischen Vor- und Mittelkammer spätestens bei einer Druckdifferenz von 0,14 bar und das Ablassventil in der Mittelkammer öffnet. Wasser strömt aus der Mittelkammer ins Freie. Das Leitungssystem ist unterbrochen und gesichert. Der Rückflussverhinderer zwischen Mittel- und Ausgangskammer schließt ebenfalls. Er verhindert, dass Wasser aus den Leitungen nach dem Systemtrenner durch das Ablassventil wegströmt.
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Rohrunterbrecher A2 – DB
Bei Rohrunterbrechern der Bauform A2 werden Lüftungsöffnungen bei Wasserdurchfluss von einer Gummimembrane abgedeckt. Sobald kein Wasser mehr durchfließt, gibt die Membrane die Öffnungen frei. Aber auch mit dieser Membrane ist die
Armatur nicht geeignet, eine unter Überdruck stehende Leitung zu versorgen. Die Membrane soll lediglich einen Wasseraustritt bei Durchfluss begrenzen. Mit dem bewegten Teil – der Gummimembrane – steigt das Risiko, dass diese mal festsitzt und die Belüftungsöffnungen nicht freigibt. Die Lüftungsöffnungen müssen mindestens 150 mm oberhalb des höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegels angebracht sein. Nach DIN 1988-4 wird diese Sicherungsarmatur auch gefordert, wenn ein Wanneneinlauf an einer häuslichen Badewanne unterhalb des Wannenrandes liegt. Entsprechend der DIN EN 1717 genügt hier allerdings der Einsatz einer Sicherungskombination (HD). An dieser Stelle kann man der europäischen Norm tatsächlich vorwerfen, einen sicherheitstechnischen Rückschritt zu formulieren. Bei genauerem Hinsehen darf man jedoch auch das in Frage stellen: In der Wanne befindet sich maximal Wasser der Klasse 3 – und zur Absicherung davor genügt an allen anderen Entnahmestellen eben die Sicherungskombination – also, warum auch nicht hier?
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Rohrunterbrecher A1 – DC
Der Rohrunterbrecher der Bauform A1 besitzt im Gegensatz zur Bauform A2 keine beweglichen Teile. Die Belüftungsöffnungen sind immer offen und müssen ebenfalls 150 mm oberhalb des Nichttrinkwasserspiegels liegen. Beim Einsatz dieser Sicherungseinrichtung an einem WC-Druckspüler müssen die Belüftungsöffnungen (nach DIN 1988-4) einen Abstand von 400 mm zur WC-Oberkante aufweisen. Auf diese Weise kann ein Unterdruck, der in der Trinkwasserleitung entsteht, keine Saugwirkung in der, dem Rohrunterbrecher nachgeschalteten Leitung zur Folge haben. Allerdings darf die nachgeschaltete Leitung auch nicht unter Druck stehen. Diese Leitung muss folglich frei ausmünden und darf auch nicht zu lang sein.
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Rückflussverhinderer – EA
Der Rückflussverhinderer wird nur vom in Fließrichtung durchströmenden Wasser aufgedrückt. Fließt kein Wasser hindurch, ist der Rückflussverhinderer geschlossen, bei einer Umkehr der Fließrichtung wird er zusätzlich von Wasser selbst zugedrückt. Das funktioniert aber nur, wenn der Rückflussverhinderer so eingebaut ist, dass die Wassersäule nicht auf der Feder steht. Daher können Rückflussverhinderer in Leitungen, die von oben nach unten führen, ihre volle Schutzfunktion nicht erbringen. Fließt kein Wasser hindurch, kann die Feder den Rückflussverhinderer nicht schließen, da sie gegen die Masse des in der Leitung vor der Armatur stehenden Wassers nicht andrücken kann, wenn der hydrostatische Gegendruck einen Wert von 100 mbar übersteigt.
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Rohrtrenner
Fällt der eingangsseitige Wasserdruck auf einen bestimmten Wert ab, trennt die Armatur den abzusichernden Leitungsteil von der versorgenden Trinkwasserleitung. Dabei wird eine sichtbare Trennung vollzogen. Das Wasser, was sich im Trennbereich befindet, fließt beim Trennvorgang heraus. Deshalb benötigt ein Rohrtrenner einen Entwässerungsanschluss. Der beschriebene Trennvorgang muss bereits stattfinden, wenn der Druck auf der versorgenden Seite der Armatur noch um 0,5 bar höher ist als der Druck, der durch den geodätischen Höhenunterschied von der versorgten Seite her auf der Armatur lastet. Man bezeichnet die Druckdifferenz von 0,5 bar auch als Sicherheitswert.
Der Rohrtrenner EA1 – GA ist immer in Durchflussstellung. Er geht nur dann in Trennstellung, wenn der versorgende Wasserdruck absinkt und der Trenndruck erreicht ist. Ein Rückflussverhinderer sorgt dafür, dass die nachgeschaltete Leitung dabei nicht leerläuft.
Der Rohrtrenner EA2 – GB ist immer in Trennstellung. Er schaltet nur dann in Durchflussstellung,
wenn dem nachgeschalteten Leitungssystem Wasser entnommen wird. Nach Beendigung der Wasserentnahme schaltet die Armatur zurück in die Trennstellung. Auch hier verhindert ein Rückflussverhinderer, dass die nachgeschaltete Leitung dabei leerläuft. Kommt es während einer Wasserentnahme zu einem Abfall des Wasserdruckes und der Trenndruck wird erreicht, trennt der Rohrtrenner (so wie ein Rohrtrenner EA1).
Der Rohrtrenner EA3 ist in der DIN EN 1717 nicht erfasst, sein Einsatz jedoch in Deutschland weiterhin üblich. Dieser arbeitet genauso wie der Rohrtrenner EA2, hat aber keinen Rückflussverhinderer auf der geräteausgangsseitigen Seite. Die nachgeschaltete Leitung soll leer laufen, wenn die Armatur in Trennstellung schaltet. Dafür muss dieser Rohrtrenner 300 mm über dem versorgten Apparat angeordnet werden.
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Belüfter der Bauform C – HB
Fließt Wasser durch den Belüfter, wird ein Verschlusskörper auf einen Belüftungskanal gedrückt. Dadurch tritt an den Belüftungsöffnungen auch dann kein Wasser aus, wenn der angeschlossene Schlauch unter Druck steht. Wird das Wasser abgesperrt und entleert sich der Schlauch, entsteht dadurch ein Unterdruck, der den Verschlusskörper vom Belüftungskanal abhebt. Luft tritt ein und der Schlauch kann sich entleeren. Bei der Bildung eines Unterdruckes in der Wasserleitung (bei Ausfall der Wasserversorgung) wird ebenfalls der Luftweg freigemacht und einer Saugwirkung somit vorgebeugt. Beim Einbau eines Belüfters der Bauform C ist allerdings darauf zu achten, dass die Belüftungsöffnungen mindestens 150 mm (nach DIN 1988-4) bzw. > 250 mm (nach DIN EN 1717) über dem höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegel liegen. Die so genannten Rohrbelüfter, die als Sammelsicherungen an den Enden der Steigleitungen angeordnet wurden, sind in der DIN EN 1717 nicht mehr berücksichtigt. In Anbetracht der Tatsache, dass aktuelle technische Aussagen (z. B. DVGW-Arbeitsblatt W 551 [3], Berichterstattung in der Fachpresse) diese ebenfalls längst totgeschrieben haben, sollen sie hier nicht weiter berücksichtigt werden.
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Umsteller und Rückflussverhinderer – HC
Mit dem Umsteller wird der Wasserauslauf vom Wanneneinlauf auf den Brauseschlauch umgeschaltet. Fällt der Fließdruck unter 0,5 bar, schaltet der Umsteller den Wasseraustritt wieder auf den Wanneneinlauf zurück, der einen freien Auslauf darstellt. Bei geöffneter Armatur und Unterdruck in der Leitung wird hier Luft eingesaugt. In Armaturennormen wird dieser Auslauf in etwa wie ein Belüfter betrachtet. Ist im Kalt- und im Warmwasseranschluss je ein Rückflussverhinderer eingesetzt, hat man eine Absicherung, die mit der Sicherungskombination gleichwertig ist.
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Sicherungskombination – HD
Eine Sicherungskombination besteht in Fließrichtung des Wassers aus einem Rückflussverhinderer und einem Belüfter der Bauform C (Sicherungsarmatur HB). Auch Entnahmearmaturen sind mit Rückflussverhinderer und Belüfter der Bauform C ausgestattet. Wie schon beim Belüfter der Bauform C erläutert, muss auch hier sichergestellt sein, dass die Belüftungsöffnungen mindestens 150 mm (bzw. gemäß DIN EN 1717 250 mm) oberhalb des höchstmöglichen Nichttrinkwasserspiegels liegen.
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Vereinbarung der Vertragsgrundlage
Wie beschrieben wurde, hat sich zwar bei den Einbauvorschriften der in Deutschland üblichen Sicherungseinrichtungen nicht viel getan. Hier liegen die Montagemaße entsprechend der DIN EN 1717 meistens höher als nach DIN 1988-4. Da letztere Mindestmaße formuliert, stellt eine Einhaltung der Forderungen nach DIN EN 1717 auch dann keinen Vertragsverstoß dar, wenn werkvertraglich eine Ausführung der Arbeiten nach DIN 1988-4 vereinbart wurde. Anders sieht das in der Frage nach der sicherheitstechnischen Qualität der Absicherung aus. Mit der DIN EN 1717 werden – verglichen mit der DIN 1988-4 – höhere Anforderungen gestellt. Wird die ATV DIN 18381 [4] als Ausführungsgrundlage des Werkvertrages vereinbart, sollen aber beide Normen parallel vereinbart werden. In Fragen der Absicherung ist es aber unmöglich, beide Festlegungen gleichermaßen zu erfüllen.
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Beispiel:
Die Entnahmestelle für die Heizungsbefüllung nach DIN 1988-4 wurde für den kurzzeitigen Schlauchanschluss nur mit einem Rückflussverhinderer ausgestattet. Der Kunde bemängelt, dass ihm diese Ausführung zu unsicher ist und die Sicherheitsanforderungen der „neuen“ DIN EN 1717 nicht erfüllt. --- Die Heizungsbefüllung wurde mit festem Anschluss und einem Rohrtrenner (oder Systemtrenner) entsprechend DIN EN 1717 ausgeführt. Der Kunde bemängelt, dass ihm das zu teuer sei; dies mit dem Hinweis, dass ein „billiger“ Rückflussverhinderer nach DIN 1988-4 doch ausgereicht hätte.
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Es wird deutlich: Wer beide Normen zur Ausführungsgrundlage macht, oder sich aus den jeweiligen Direktiven das heraussucht, was für den vorliegenden Installationsfall am besten passt, kann schnell „zwischen die Normen geraten“ – frei dem Motto: Wie man es auch macht – es ist falsch. Daher ist es unerlässlich, abweichend von den VOB, eine der beiden Normen – DIN 1988-4 oder DIN EN 1717 – als Vertragsgrundlage zu vereinbaren und durchgängig nur nach einer Norm zu arbeiten.
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Bei der Qual der Wahl sollte man sich dann für die DIN EN 1717 entscheiden. Wendet man nach dieser Norm die Sicherungsarmaturen an, die sich längst in Deutschland bewährt haben, entsteht der oft befürchtete Bruch zu den anderen Teilen der DIN 1988 nicht. Im Gegenteil: Mit der neuen Norm ist man in der Lage, noch zweckgerichteter die beste Absicherung auszuwählen. Und genau das sollte allen das Trinkwasser wert sein.
Normgerechter Trinkwasserschutz, Teil 2
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