Die Vertreter der 27 EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Europaparlaments haben sich am 17. November 2009 bei Novellierung der EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (GEEG) auf einen Kompromiss geeinigt.
In Deutschland und den anderen 26 EU-Staaten ist der Gebäudesektor (Wohn- und Gewerbegebäude) der größte Energieverbraucher und Verursacher von CO2-Emissionen. Es entfallen rund 40 % des Endenergieverbrauchs und der Kohlendioxidemissionen auf ihn.
Dieses erhebliche, nicht ausgeschöpfte Potenzial für kostenwirksame Energieeinsparungen soll mit der Neufassung der Richtlinie 2002/91 EG, die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (GEEG-Richtlinie), besser genutzt werden. Die EU-Kommission hatte geschätzt, dass der Gebäudesektor im Jahr 2020 etwa 28 Prozent weniger Energie verbrauchen könnte und sich damit der Endenergieverbrauch in der EU allein durch Maßnahmen im Gebäudesektor um 11 Prozent senken ließe.
Der Kompromiss sieht jetzt vor, dass die neuen Vorschriften für private Neubauten ab 2021 und für öffentliche Gebäude ab 2019 gelten sollen. Die Neubauten müssen dabei keine Nullenergiehäuser sein, sondern die Richtlinie sieht vor, dass eine Reduzierung des Energieverbrauchs um 90 Prozent im Vergleich zum bisherigen erreicht wird. Hier soll ein „Nahe-Null-Standard“ erzielt werden. Der verbleibende heiz- bzw. Kühlbedarf soll im Wesentlichen mit erneuerbaren Energien gedeckt werden.
In Deutschland wird der Kompromiss seitens der Politik begrüßt: Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle: "Der gefundene Kompromiss vermeidet unnötige Kosten und Bürokratie. Er bekräftigt den Grundsatz des deutschen Energiesparrechts, dass vorgeschriebene Mindeststandards wirtschaftlich sein müssen. Gleichzeitig ist er aber in entscheidenden Punkten ambitionierter als der ursprüngliche Kommissionsvorschlag. So können europaweit enorme Energieeffizienzpotentiale gehoben werden. In Deutschland sind am Prinzip der Wirtschaftlichkeit ausgerichtete Gebäudestandards bereits seit Jahren Praxis. Für Eigentümer in Deutschland ändert sich daher zunächst einmal nichts."
Umweltverbände begrüßen den Kompromiss als deutlichen Fortschritt gegenüber den bislang europaweit geltenden Regeln, kritisieren ihn dabei aber als nicht weitgehend genug. Bei bestehenden Gebäuden werden gar keine wesentlichen Effizienzziele vorgegeben. Und besonders der pauschale Ausschluss von Altbauten unter 1000 Quadratmeter in der Richtlinie wird von ihnen bemängelt. „Wenn wir für den Gebäudebestand keine ehrgeizigen Klimaschutzziele vorgeben, verschenken wir enorme Potenziale“, erklärt NABU-Energieexperte Elmar Große Ruse.
Die Einigung bei der neuen EU-Richtlinie beinhaltet auch die Überarbeitung der Energieverbrauchskennzeichnung. Mit der Einführung einer neuen Effizienzklasse A+++ sollen besonders energieeffiziente Produkte dann deutlich herausgehoben werden. Unter bestimmten Voraussetzungen muss die Effizienzklasse künftig auch in der Werbung angegeben werden. „Die neuen europäischen Regeln zur Verbrauchskennzeichnung schaffen vor allem einen besseren Marktüberblick. Verbraucherinnen und Verbrauchern werden besser informiert und können sich zukünftig gezielt für sparsame und effiziente Produkte entscheiden“, so Bundesumweltminister Norbert Röttgen.
Der Branchendachverband GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. bewertet besonders positiv, dass die Richtlinie die Wahlfreiheit zwischen verbrauchsbasierten und bedarfsbasierten Energieausweisen erhalten will. Für die Neuerung, dass die Energieausweise beim Abschluss eines Kauf- oder Mietvertrages dem Käufer bzw. Mieter nicht nur – wie bisher - zugänglich gemacht werden, sondern nach dem Willen der EU direkt ausgehändigt werden müssen, sieht sich der Verband gut aufgestellt. Der Verband erläuterte aufgrund einer Unternehmensbefragung, dass „fast 90 Prozent der Wohnungsunternehmen bereits heute Energieausweise für ihren gesamten Wohnungsbestand erstellt hätten. Weitere 9 Prozent hätten bereits für einen großen Teil ihres Wohnungsbestandes Energieausweise anfertigen lassen. Fast drei Viertel der Unternehmen arbeiten mit dem verbrauchsorientierten Energieausweis, weitere 13 Prozent der Unternehmen geben an, den bedarfs- und verbrauchsorientierten Ausweis gleichzeitig zu nutzen.“
Die Einigung über die neuen EU-Vorgaben muss allerdings noch offiziell anerkannt werden im EU-Energieministerrat am 07.12.2009 und von der Vollversammlung der Europaparlamentarier.
Weitere Infos finden Sie im EU-Richtlinienentwurf, sowie in einer Stellungnahme des Bundesrates
oder auch im EU-Aktionsplan zur Energieeffizienz.