Normen in der Haustechnik
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Wenn man in der Haustechnik tätig ist, dann hat man immer mit ihnen zutun, den Normen. Die Zeiten, in denen es nur auf die „DIN-Norm“ ankam, sind allerdings vorbei. Heute ist von nationalen Normen, Europanormen, Restnormen, Vornormen und vielem mehr die Rede. Wer hier den Überblick behalten (oder erlangen) möchte, sollte jetzt weiterlesen.
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Normen, Normen, Normen…
Die guten alten DIN-Normen haben ausschließlich oder überwiegend nationale Bedeutung und werden nur in Deutschland angewandt. Die EN-Normen sind Normen, die von der europäischen Normungsorganisation CEN (European Committee for Standardization) erarbeitet worden sind. Fertiggestellte EN-Normen müssen innerhalb eines Jahres von allen Mitgliedsländern Europas unverändert übernommen werden. Sie bekommen dann den Status einer nationalen Norm und tragen in Deutschland die Bezeichnung „DIN EN“. Die Übernahme einer EN-Norm in eine DIN-EN-Norm ist Pflicht. Sogar EN-Normen mit Inhalten, die in Deutschland – bedingt durch die hier üblichen Installationstechniken – keine Anwendung finden, müssen übernommen werden. In diesem Fall wird im nationalen Vorwort vermerkt, dass die Norm in Deutschland keine Anwendung findet. Da in EN-Normen nur das steht, was in allen europäischen Ländern anwendbar ist, kann es erforderlich sein, Details auf nationaler Ebene zu normen. Oftmals werden dazu die Inhalte der „alten“ nationalen Norm in eine so genannte Restnorm überführt. Diese muss dann zusätzlich zur DIN-EN-Norm beachtet werden. DIN-EN-ISO-Normen sind Normen, die von der internationalen Normungsorganisation ISO (International Organization for Standardization) erarbeitet (ISO-Norm), dann von Europa übernommen (EN-ISO-Norm) und als Europa-Norm von Deutschland pflichtgemäß anerkannt wurden (DIN-EN-ISO-Norm). DIN-ISO-Normen sind nationale Normen, die durch die unveränderte Übernahme einer Norm der ISO entstanden sind.
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Der Weg zur Norm
Normen können in unterschiedlichen Entwicklungsstadien vorliegen. Da sie im öffentlichen Verfahren entstehen, muss allen interessierten Fachleuten die Möglichkeit der Mitarbeit gegeben werden. Hierzu erarbeitet der zuständige Normenausschuss zunächst einen Normenentwurf. Dieser ist bei nationalen Normen mit dem Zusatz „E“ (z. B. DIN E) und bei internationalen Normen mit dem Zusatz „pr“ (z. B. prEN) gekennzeichnet. Das ist wichtig, weil ein Entwurf noch nicht in der Praxis angewandt, sondern nur diskutiert werden soll. Innerhalb einer bestimmten Zeitspanne kann jedermann auf Inhalte hinweisen, die seiner Meinung nach falsch sind oder die besser geregelt werden könnten. Danach prüft der Normenausschuss diese Einsprüche und lässt die Anregungen gegebenenfalls in die Norm einfließen. Das Ergebnis kann ein neuer Normenentwurf oder die endgültige Norm sein. Ebenfalls noch keine „fertige“ Norm ist die Vornorm. Sie ist mit dem Zusatz „V“ gekennzeichnet (z. B. DIN V). Bei einer Vornorm handelt es sich um eine Norm, die wegen bestimmter Vorbehalte zum Inhalt oder um Konflikte mit (noch) gültigen Normen zu vermeiden, vom Deutschen Institut für Normung (DIN) nicht als Norm herausgegeben wurde. Das Papier steht für Einsichtnahmen zur Verfügung, „gilt“ aber nicht. Häufig haben Normen so genannten Beiblätter oder Anhänge. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass Beiblätter nicht zum Inhalt der eigentlichen Norm gehören. Sie liefern zusätzliche Informationen – oft in Form von Anwendungsbeispielen. Und eine beispielhafte Lösung kann ja keinen Normcharakter haben. Vergleichbar verhält es sich mit informativen Anhängen: Das, was im Anhang steht, ist keine Aussage der Norm.
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Anerkannte Regel der Technik?
Wenn es um Normen geht, wird immer wieder behauptet, in diesen könne man grundsätzlich die anerkannten Regeln der Technik nachlesen. Auch in den Lieferverträgen für Gas und für Trinkwasser und in den Richtlinien zum Abschluss von Installateurverträgen ist gefordert, dass nach den anerkannten Regeln der Technik gearbeitet wird. Also - ein Blick in die Norm - und schon ist alles klar? Nein, ganz so einfach ist es nicht. Denn nicht jede Aussage aus einer Norm ist automatisch auch eine anerkannte Regel der Technik. Man unterscheidet zwischen dem „Stand der Technik“ und besagter „anerkannter Regel der Technik“. Der Stand der Technik beschreibt ein entwickeltes Stadium, das nach den zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten und entsprechend wissenschaftlicher Erkenntnisse erreichbar ist. Eine anerkannte Regel der Technik ist hingegen eine technische Festlegung, die von einer Mehrheit repräsentativer Fachleute als Wiedergabe des Standes der Technik angesehen wird. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Für das Spülen der Trinkwasserleitungen steht ein Spülkompressor zur Verfügung (Stand der Technik). Der Spülkompressor wird in der Praxis von den Fachleuten nicht eingesetzt, da diese eine solche Art der Spülung nicht für erforderlich halten (anerkannte Regel der Technik). Fazit: Das Spülen der Trinkwasserleitungen mittels eines Spülkompressors ist keine anerkannte Regel der Technik, obwohl es in der DIN 1988-2 [1] eindeutig gefordert wird. Nicht alles, was in einer Norm steht, muss den Status einer anerkannten Regel der Technik haben.
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Umgekehrt kann es auch sein, dass die Festlegungen einer Norm weniger beschreiben als die derzeit aktuelle anerkannte Regel der Technik. In dem Fall muss ein höheres technisches Niveau erreicht werden, obwohl es in der Norm gar nicht so gefordert ist. Es reicht folglich nicht mehr, sich im Normenpool zurechtzufinden - man muss zudem immer prüfen, ob die Norm selbst auf dem Laufenden ist.
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Literaturnachweis:
[1] DIN 1988-2: Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI); Planung und Ausführung; Bauteile, Apparate, Werkstoffe