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Korrosion in Heizungsanlagen – Teil 2 von 2

Während sich der erste Teil dieses Beitrages mit den korrosionsfördernden chemischen und physikalischen ­Eigenschaften des Heizungswassers befasste, wird im Folgenden ein seltener behandeltes Thema aufgegriffen. Denn vom Leben in der Heizungsanlage ist nicht so häufig die Rede. Bakterien aber können durchaus in Heizungskreisläufen existieren.

Heizungswasser muss nicht unbedingt tot sein – hier kann biologisch ganz 
schön was abgehen
Heizungswasser muss nicht unbedingt tot sein – hier kann biologisch ganz schön was abgehen

Die Biologie einer ­Heizung

Generell kann gesagt werden, dass dort wo Wasser ist, auch Leben sein kann. Diese banale Feststellung hat wichtige Auswirkungen. Bakterien und andere Organismen haben bestimmte Bedürfnisse, die für ihre Entwicklung wichtig sind. Der Einfachheit halber bezeichnen wir alles, was biologisch in der Heizung ist, als Bakterium, sind uns aber bewusst, dass es auch Pilze und Algen geben kann.

  • Bakterien benötigen eine Energiequelle. Das kann Wärmeunterschied, aber auch eine bestimmte chemische Reaktion sein. Bakterien bevorzugen in der Regel die Reaktion, weil die besser zu steuern ist.
  • Bakterien benötigen bestimmte Unebenheiten oder Poren, in die sie sich zwecks Koloniebildung einnisten. Hier sind vor allem ölige Oberflächen, Kunststoffe und Härtebeläge ein bevorzugtes Ziel.
  • Bakterien benötigen eine gewisse Konstanz der Lebensbedingungen, vor allem zu Beginn der Ansiedelung. Dabei sind sie später durchaus in der Lage, die Lebensbedingungen nach Ihren Bedürfnissen zu verändern.
  • Bakterien benötigen Zeit, um sich an neue Umgebungen zu gewöhnen.

Sulfatreduzierende ­Bakterien

In der Heizungswasserbehandlung wird heute noch häufig Natriumsulfit zur Sauerstoffbindung eingesetzt. Aus Natriumsulfit und Sauerstoff entsteht Natriumsulfat. Da ständig mit einem gewissen Eintrag an Sauerstoff zu rechnen ist, muss das Sauerstoffbindemittel ständig zugesetzt werden. Dies hat Konsequenzen: Zum einen steigt die Leitfähigkeit des Heizungswassers immer mehr an, was den Fluss des Korrosionsstroms erleichtert. Zum anderen wächst die Sulfatkonzentration immer weiter, was zur Bildung von Gipskristallen führen kann, wenn Härte im Wasser ist. Außerdem kann das Wasser unter Umständen „umkippen”. Unter Umkippen des Wassers ist in diesem Zusammenhang die Bildung von Schwefelwasserstoff zu verstehen. Dadurch versäuert das Wasser, es stinkt sehr eindringlich und ist nebenbei noch giftig. Durch die Absenkung des pH-Wertes wurden starke Korro­sions­tätigkeiten an den Rohren angefacht. Verursacher sind sulfat­reduzierende Bakterien. Diese reduzieren das Sulfat zum Sulfid und verwenden den daraus gewonnenen Sauerstoff zur Oxidation des Eisens in der Rohrleitung. Aus diesem Prozess gewinnen sie die Lebensenergie. Temperatur und Druck spielen fast keine Rolle, da es die verschiedensten Stämme gibt. Heute wird aus diesem Grund nur noch Sulfit verwendet, wenn es unter ständiger Beobachtung ist. Da zwischenzeitlich andere Verfahren entwickelt wurden, ist der Einsatz von Sulfit zur Sauerstoffbindung in Heizkreisläufen rückläufig.

Es fault im System

Eine andere Art des biologischen Problems in unserer Heizung ist in der biologischen Filmbildung zu sehen.

Diese tritt vorwiegend bei Niedertemperaturheizungen mit Kunststoffrohren auf. Dabei nisten sich zunächst Pionierorganismen in den Poren der Oberfläche ein und vermehren sich. Dadurch wird der Boden für andere Organismen bereitet, die sich in diesen bestehenden „Rasen” einnisten. Dieser Prozess geht so weit, bis Teile des Rasens abgestoßen werden und an anderer Stelle aufwachsen. Dabei sind die Bakteriengesellschaften in der ­Lage, ihr chemisches Milieu weitgehend selbst zu bestimmen. Das bedeutet, wenn der pH-Wert des Wassers 9 ist, kann an der Oberfläche des Metalls oder Kunststoffes durchaus ein pH-Wert von 4,5, also von Essigsäure, sein. Die biologischen Prozesse in diesen gallertartigen Schichten sind äußerst vielfältig und praktisch nicht zu beherrschen. Die Dosierung von giftigen Chemikalien ist in der Regel nicht erfolgreich, weil nur die oberste Schicht der Bakterien abgetötet wird. Die darunter liegende Schicht hat nun genügend Zeit, sich an die giftige Substanz zu gewöhnen und sie sogar zu verspeisen. Man spricht hier von Resistenzbildung, die bei derartigen Gesellschaften sehr schnell geschieht. Man tötet also nicht mehr ab, sondern füttert. Auf Dauer kann hier nur durch eine spezielle und gegebenenfalls wiederkehrende Wasserbehandlung eine Verminderung oder gar Lösung des Problems erreicht werden, die zur langsamen „Verbrennung” des Biofilmes führt. Allerdings sollte bei dieser Methode genau geprüft werden, aus welchen Materialien die Heizungsanlage besteht, um nicht unerwünschte Nebenwirkungen zu erhalten. Wenn möglich, sind eventuelle Magnesiumbauteile zum Korrosionsschutz für die Dauer der Behandlung zu entfernen. Der pH-Wert darf nicht zu sauer sein (wegen der anderen Metalle). Sollte das nicht möglich sein, ist es günstig, den besonders betroffenen Teil getrennt zu behandeln.

Schutz durch Magnesium

Korrosionsvorgänge sind immer mit Stromflüssen verbunden. Es kann versucht werden, dem freiwillig fließenden Strom eine größere Spannung entgegenzustellen, um Korrosion zu vermeiden. Das bekannteste Verfahren ist das mit der Opferelektrode. Dies bedeutet, es wird eine Elektrode aus unedlem Material in den Kreislauf gesetzt. Wird die Magnesium-Elektrode elektrisch leitend mit allen Metallen verbunden, kommt es zur Aufladung der Werkstoffe gemäß der Spannungsreihe. Diese Aufladung verhindert die Korrosion der Werkstoffe und konzentriert die Korrosion an der Opferanode. Der Endpunkt der Wirksamkeit ist dann erreicht, wenn kein Strom mehr in den Leitungen fließt. Nachteil: Im Einzelfall kann die Opferelektrode sehr schnell verbraucht werden, was einen starken Anstieg des pH-Wertes zur Folge hat. Bei härtestabilisierten oder korrosionsin­hibitiertem Trinkwasser kann es unter Umständen zur Magnesium-Phosphat-Bildung auf der Elektrode kommen. Je nach Wirkstoff kann auch ein anderes Magnesiumsalz gebildet werden, wodurch ein Verbrauch dieser Elektrode bzw. die Wirksamkeit stark eingeschränkt ist.

Von Strom und Gegenstrom

In Heizungsanlagen kann die Mag­nesium-Elektrode auch wirksam werden, wenn sie keine leitende Verbindung zu den Bauteilen der Anlage hat.

Wird Magnesium elektrisch isoliert in den Kreislauf gebracht, reagiert das Magnesium mit dem Wasser und bildet Wasserstoff und Magnesiumhydroxid. Der Wasserstoff reagiert zum Zeitpunkt seines Entstehens mit dem Sauerstoff, der im Wasser gelöst ist. Das Magnesiumhydroxid ist ­eine Lauge und hebt damit den pH-Wert des Heizungswassers an. Dadurch kommt es zur Selbststeuerung der Zersetzung des ­Magnesiumstabes. Nachteil dieser Methode ist, dass die Härte erhöht wird und durch den alka­li­schen pH-Wert ungeschützte Alu­miniumflächen angegriffen werden können. Hierbei ist es unerheblich, dass Magnesium das unedlere Material gegenüber dem Aluminium ist, da der Angriff nicht vom Magnesium, sondern durch den hohen pH-Wert erfolgt. Eine weitere Schutzmöglichkeit besteht darin, dass der Korrosionsspannung eine äußere elektrische Spannung entgegengesetzt wird. Der Stromfluss wird dadurch verhindert. Dieses Verfahren ist in Heizungsanlagen eher ungebräuchlich, weil nur selten alle Bauteile erreicht werden und lokale Ströme zwischen zwei benachbarten Bauteilen nicht wirksam unterbunden werden können.

Von Sinn und Unsinn der Sauerstoffbindung

Da bei Korrosionsvorgängen von Eisenmetallen in Heizungen Sauerstoff eine große Rolle spielt, liegt es nahe, den Sauerstoff des Heizungswassers zu binden. Bei Systemen, die gänzlich aus Metall bestehen und geschlossen gebaut sind, ist dieses Verfahren eher unsinnig, weil der Sauerstoff nur einen kleinen Teil des Korrosionsprozesses verursacht. Besteht eine Anlage jedoch vorwiegend aus Kunststoff, vor allem älterer Bauart, und wird die Anlage zudem noch über längere Zeit ausgeschaltet (kaltes Wasser löst Sauerstoff vergleichsweise gut), ist ­Sauerstoffkorrosion ein Problem. Früher wurde Natriumsulfit eingesetzt, weil es der schnellste ­Sauerstoffbinder ist. Bei größeren Anlagen wurde und wird zum Teil Hydrazin eingesetzt. Dies ist für kleine Anlagen nicht möglich, obwohl es hervorragende Eigenschaften hat. In der Medizin gilt Hydrazin als krebserregend. Im Wesentlichen wird die Sauerstoffbindung nur in begründeten Ausnahmefällen unter Beobachtung angewendet, weil regelmäßig nachdosiert werden muss und das Wasser je nach Sauerstoffbinder kippen kann.

Ein idealer pH-Wert?

Bei fast allen Korrosionsprozessen ist der pH-Wert eine entscheidende Größe. Es ist allerdings schwierig, einen optimalen Wert einzustellen, wenn ein Mix verschiedenster Materialien im Kreislauf verbaut wurde.

Insbesondere das Aluminium ist hier als „Prob­lemkind” zu nennen. Wird ein pH-Wert eingestellt der für Alu­minium einigermaßen passt, führt dieser bei Eisen bereits zu nennenswerten Korrosionen. Dadurch wird zwangsweise wiederum eine Schutzdosierung für Eisen erforderlich. Das gleiche trifft natürlich auch anders herum zu. Ist der ideale pH-Wert für Eisen eingestellt, muss Aluminium vor Korrosion geschützt werden. Für Abhilfe sorgt hier das neu entwickelte Korrosionsschutz- und Dichtemittel Wasseroptimator-Liquid zur Heizungswasserbehandlung nach VDI 2035 [1]. Denn die einfachste ­Methode ist es, Wasser vom Heizungsmaterial zu trennen. Dies kann sowohl mit anorganischen wie auch mit organischen chemischen Verfahren erreicht werden. Die letzteren Verfahren haben den Nachteil, dass Kupfer angegriffen werden kann, wenn mit filmbildenden Aminen oder Amiden gearbeitet wird. Es gibt zwar Ausnahmen, aber die Gefahr bleibt unter bestimmten Umständen prinzipiell bestehen. Die derzeit erfolgreichste Methode ist die Bildung von mineralischen Mikropolymerfilmen auf der Oberfläche der Metalle. Diese sind sehr dicht, fest haftend und müssen nur wenig oder gar nicht nachdosiert werden. Außerdem bieten sie biologischem Befall wenig Angriffsfläche und sind wegen der geringen Stärke auch kein Wärmehindernis. Die Filmbildung hat den Vorteil, dass der Sauerstoffgehalt praktisch nicht relevant ist und die Oberflächen auch dann gut geschützt werden, wenn der pH-Wert nicht ganz im optimalen Bereich ist. Bei der Auswahl der geeigneten Rohstoffe gilt dies auch und gerade für Aluminium.

Heizung korrekt füllen

Bevor zum Füllschlauch gegriffen wird, sollte im Vorfeld eine Wasseranalyse nach DIN 50930-6 vom zuständigen Wasserversorger eingeholt werden. Hier checkt der verantwortungsvolle Monteur die Parameterwerte des Trinkwassers und kann eventuell eine Enthärtung des Füllwassers durchführen.

Bei Anlagen > 50 kW ist zur Erfassung der Füll- und Ergänzungswassermenge ein Wasserzähler einzubauen. Außerdem wird generell das Führen eines Anlagenbuches empfohlen. Im Zweifelsfall kann damit die ordnungsgemäße Zudosierung abgeklärt werden.

Bei der Installation einer Heizungsanlage sollten so wenig wie möglich verschiedene Materialien verarbeitet werden, damit die Bildung elektrochemischer Stromquellen vermieden wird. Wasserseitige Ablagerungen kann vorgebeugt werden, wenn ausschließlich teilenthärtetes Füllwasser verwendet wird, das z. B. durch eine mobile Enthärtungsanlage zu gewinnen ist oder durch Zugabe von Härtestabilisatoren entsteht. Unter Teilenthärtung versteht man die Reduzierung der gelösten Erdalkalien auf 6 bis 8 °dH. Bei geschlossenen, weitgehend gasdichten Anlagen ohne Aluminium haben sich filmbildende Verfahren sowie der Einbau einer Opferelektrode aus hochreinem Magnesium bewährt. Bei Mischinstallationen mit oder ohne Aluminium, Kunststoffen und diversen Werkstoffen ist die Einspülung eines geeigneten ­Filmbildners zu empfehlen. Ein ­­Niedertemperaturheizungssystem sollte vor Inbetriebnahme gründlich gereinigt und gespült werden. Bei Altanlagen muss nach Einzelfall entschieden werden, wobei ­eine fundierte Heizungswasseranalyse zumeist Klarheit schafft. In vielen Fällen ist eine Heizungswasserreinigung- bzw. Sanierung im 4-Stufen-Konzept die sicherste Lösung.

Hier geht es zum ersten Teil!

Literaturnachweis:

[1] VDI 2035: Vermeidung von Schäden in Warmwasserheizanlagen

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